Grindelwald wurde ausgetauscht. Die Konfusion des letzten Films ist vorbei. Doch wo bleibt die Magie? Warum sich "Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse" wie eine weitere, ermüdende Hogwarts-Lehrstunde anfühlt, verraten wir euch in unserer Filmkritik.
War es ein Fehler, das "Harry Potter"-Spinoff "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" schon sehr früh als möglichen Fünfteiler zu deklarieren? Vermutlich! Nach dem Vorgänger "Phantastische Tierwesen 2: Grindelwalds Verbrechen“ war es jedenfalls nur sehr schwer einzuschätzen, wohin sich die Filmreihe entwickeln sollte: Der vermeintliche Protagonist der Reihe, Newt Scamander (Eddie Redmayne), war nur noch eine Randnotiz. Genauso wie die titelgebenden Tierwesen. Plötzlich war es doch wieder der alte Kampf zwischen Gut und Böse: In den Fokus geriet Albus Dumbledore (Jude Law) und seine angedeutete amouröse Beziehung zu seinem Gegenspieler Gellert Grindelwald (Johnny Depp im 2. Teil, Mads Mikkelsen ab Teil 3). Und natürlich ging es wieder zurück nach Hogwarts inklusive musikalischen Potter-Themen für die größtmögliche Identifikation. „Phantastische Tierwesen 2“ fühlte sich auch deshalb wie ein Riesenschritt zurück an, weil die Identität der Filme komplett ins Wanken geriet – als ob J.K. Rowling dem sympathisch-kauzigen Newt, seinen niedlich-kreativen Tierwesen oder seinem wirklich witzigen Sidekick Jacob Kowalski (Dan Fogler) nicht zugetraut hätte, die Potterverse-Fahne eigenständig tragen zu können. Plötzlich mussten es dann doch die ganz großen Klopper sein: Muggel-Genozid. Weltkriegsschuld. Das Ende der Welt. Eine verbotene homosexuelle Liebe zwischen den ikonischsten Gegenspielern des Potterverse. Uff.
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Phantastische Tierwesen 3: Zwischen Genozid und verbotener Liebe
Wie sehr sich die „Zeiten“ geändert haben, macht auch der Einstieg zu "Phantastische Tierwesen 3" deutlich. Wobei die Szene noch zu den besten Momenten im Film gehört: Dumbledore und Grindelwald treffen sich im Café. Es ist wie der angespannte Moment vor dem großen Showdown: Bevor die Welt brennt, sinniert Grindelwald darüber, dass sich Muggel schon verdammt gerne unterhalten. Und dass ein paar menschliche Errungenschaften ja doch nicht so übel seien, wie zum Beispiel der exzellente Schwarztee. Dumbledore hingegen bringt ihre einstige Liebe ins Spiel (die homosexuelle Beziehung der beiden wird hier schon zu Beginn sehr offen thematisiert), ihre Verbindung und den Schwur, den sie einstmals geleistet haben. Doch wie es sich eben für zwei Widersacher gehört, kippt die Stimmung schneller, als Grindelwald seinen zweiten Schluck Tee genippt hat: Der Gestank der Muggel widere ihn an. Den Magiern gehöre die Welt. Und so beginnt „Phantastische Tierwesen 3“ da, wo doch eigentlich Teil 1 hätte die Vorarbeit leisten sollen: bei einer lang angelehnten Exposition. Während sich die Sympathisanten von Grindelwald versammeln und Newt in einer starken Actionsequenz um ein neugeborenes Qilin erleichtern, müssen sich auch die wenigen Dumbledore-Jünger zusammenfinden: Wobei die Truppe um Newt, Jacob & Co. eher einem gut gemeinten „Suicide Squad“ gleicht als einer realistischen Gefahr für Grindelwald.
Der plant in vielerlei Hinsicht Großes – gerade auch in Bezug auf die Machtverteilung in der Zauberwelt. Denn mit Anthon Vogel (Oliver Masucci) scheidet der Präsident der internationalen Konföderation der Zaubererwelt schon bald aus und stellt seinen Posten einem würdigen Nachfolger bzw. einer würdigen Nachfolgerin zur Verfügung. Grindelwald sieht die perfekte Gelegenheit, nicht nur seine Macht weiter auszubauen, sondern sich die legitime Vorherrschaft über die Zauberwelt zu sichern. Vogel ist mittendrin statt nur dabei: Die Augen vor Grindelwalds wachsender Unterstützung kann er nur schwer verschließen, doch bekommt im gleichen Moment auch eine Nachricht von Dumbledore überliefert: „Tu, was richtig ist, nicht, was einfach ist.“ Immer mehr steuert alles auf einen möglichen Showdown hin, der nicht nur die Wizarding World, sondern auch die Welt der Muggel für immer verändern könnte. Und mittendrin stehen zwei Protagonisten, denen die Hände gebunden scheinen: Wegen ihres mächtigen Blutschwurs können Grindelwald und Dumbledore keinen offenen Konflikt wagen…
Phantastische Tierwesen 3: Angenehme Gradlinigkeit trifft auf Figuren-Schludrigkeit
Wer die Doppelbödigkeiten und schwachsinnigen Twists des Vorgängers befürchtet, darf beruhigt sein: Denn „Phantastische Tierwesen 3“ ist der deutlich gradlinigere Film. Das mag im Grunde zwar ein Vorteil sein, doch gerade was den Rhythmus und den Plot des Films betrifft, wirkt es so, als ob J.K. Rowling und ihr Co-Autor Steve Kloves hier noch einmal bewusst auf die Bremse treten, um letztendlich auf einen großen Showdown hinzusteuern. Paradox: Auch wenn sich viele Szenen wie eine langgezogene Exposition bzw. Einführung anfühlen, bleiben erneut verdammt viele wichtige Figuren auf der Strecke.
Allen voran Ezra Millers Credence, dessen an den Haaren herbeigezogene Origin-Story ihn eigentlich als Schlüsselspieler im Dumbledore-Grindelwald-Machtkampf aussehen ließ. Stattdessen wirkt es diesmal so, als ob J.K. Rowling überhaupt keine Ahnung hat, was sie mit ihrem mächtigen Dumbledore-Abkömmling anstellen soll: Die Auflösung seiner Storyline und seine Rolle im neuen Film sind einfach nur eine Enttäuschung. Auch Queenie, Tina & Co. spielen im Duell der großen Zauberer eine nur untergeordnete Rolle. Warum eigentlich? Thematisch bleibt der Hauptplot von „Phantastische Tierwesen 3“ nämlich ziemlich auf der Strecke bzw. kaut über zwei Stunden lang die gleichen Motive durch. Immerhin ist Mads Mikkelsen eine exzellente Wahl als Gellert Grindelwald, auch wenn der großartige dänische Schauspieler gefühlt nur eine weitere starke "Mads Mikkelsen-Rolle" spielt, als einen der mächtigsten Zauberer des Potterverse zu spielen. Jude Law stiehlt als charmanter Albus Dumbeldore erneut fast jede Szene, in der er ist. Und auch "Potter"- und "Tierwesen"-Veteran David Yates inszeniert diesmal einige der besten und mitreißendsten Szenen der bisherigen Filmreihe.
Trotzdem bleibt diesmal ein sehr fader Beigeschmack haften: Ja, „Phantastische Tierwesen 3“ mag zwar etwas besser sein als der konfuse und überfrachtete zweite Teil, doch ist so dermaßen simpel gestrickt, erzählerisch unaufgeregt und grundsätzlich einfach ein höchst durchschnittlicher Blockbuster-Film, dass man das Gefühl bekommt, als wären den Verantwortlichen nun endgültig die letzten Zaubersprüche ausgegangen.
"Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse" ist ab dem 07. April in den deutschen Kinos zu sehen. Den Trailer dazu seht ihr hier:
Hinweis der Redaktion:
Auch wenn an "Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse" viele unterschiedliche Personen gearbeitet haben, profitiert J.K. Rowling als Drehbuchautorin, Produzentin sowie Verfasserin der Vorlage von den Einnahmen des Spielfilms. Damit wird eine Person unterstützt, die in der Vergangenheit häufiger ganzen Personengruppen die Existenzberechtigung abgesprochen hat sowie aktiv Hass gegen Trans-Personen schürt. Wir haben uns dennoch entschlossen, den Film zu rezensieren, doch möchten uns entschieden von den diskriminierenden Statements der "Harry Potter"-Autorin distanzieren.