Was geht hinter den Kulissen der Vertonung von „Solo Leveling“ vor sich? Die Synchronsprecher Jan Makino und Paul Matzke lassen es uns im Gespräch wissen!

„Solo Leveling“ ist momentan wohl das Anime-Phänomen schlicht hin. Im Interview sprachen wir mit den Synchronsprechern Jan Makino und Paul Matzke, die in dem Anime Choi Jong-In und Baek Yoonho sprechen, mit uns über ihre ersten Animeerfahrungen, Herausforderungen bei der Vertonung ihrer Figuren und vieles mehr!
„Solo Leveling“: Interview mit Jan Makino und Paul Matzke
Melissa Mundhenk, TV Movie Online: Ihr beiden seid schon seit langem in der Synchronsprecher Branche unterwegs. Wie kam es zu den Animes?
Jan Makino: Ich habe mit sieben Jahren angefangen, was mittlerweile über 40 Jahre her ist, und das hat sich einfach so ergeben. Als kleines Kind überlegst du nicht „Ich möchte die Rolle sprechen oder die Rolle sprechen“. Obwohl ich habe zwei Jungs und die sind „Ninjago“-Fans und würden da gerne mal mitsprechen. Hat sich aber leider noch nicht ergeben. Aber damals habe ich darüber nicht nachgedacht, da hatten wir drei Programme im Fernsehen und keiner wusste, dass es Synchronsprecher gibt. Das war ein Job, der hinter den Kulissen stattgefunden hat. Und dann hat sich das einfach ergeben. Ich bin in München aufgewachsen, obwohl ich Berliner bin. Aber da gab es dann Geschichten wie „One Piece“ ab den 90ern und früher auch schon ganz viele dieser „Sailor Moon“-Geschichten. Damit fing das damals an. Wie war das bei dir? (An Paul)
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Paul Matzke: Als Kind war meine Lieblingsserie „Mila Superstar“. Das ist ein Anime mit Mädels, die Volleyball spielen - das hat aber eigentlich gar nichts damit zu tun. Ich bin ausgebildeter Schauspieler und habe eigentlich am Theater gearbeitet, gespielt, gedreht und habe dann aus privaten Gründen irgendwann entschieden, dass ich einen festen Wohnort brauche. Und da ich aus Berlin komme, hat es sich irgendwann ergeben, dass ich da mal angeklopft habe. Und dann sprichst du alles, was dir in den Schoss fällt. Das erste größere Anime-Ding, was plötzlich so aufploppte - und das fand ich auch sehr, sehr geil - war als ich White Wolf gesprochen habe. Das ist im weitesten Sinne ein Bruder von „Black Panther“. Da gab es mal für eine Staffel einen Marvel Anime. Der taucht danach nie wieder auf. Dann kam plötzlich „Kengan Ashura“ um die Ecke. Das ist ein Hau-drauf-Anime, bei dem Konzerne Kämpfer gegeneinander antreten lassen und damit eigentlich die Weltordnung ausfechten. Da habe ich den Hauptcharakter Omar gesprochen und bin damit das erste Mal so richtig mich erstmal so richtig in die Animes reingegangen.
Was war so eure erste Reaktion, als sie von der Möglichkeit erfahren habt, bei „Solo Leveling“ mitzumachen? Kanntet ihr den Manwha/Manga bereits oder war die Story neu für euch?
Jan Makino: Kanntest du den?
Paul Matzke: Noch nie gehört.
Jan Makino: Ehrlich gesagt, für mich war das auch jetzt neu. Ich bin ganz oft in Japan gewesen und hab da auch von vielen Mangas mitgekriegt, die es hier auf dem Markt nicht gibt. Aber der war jetzt neu und soweit ich erfahren habe, ist der ja auch aus Korea. Der Anime und dessen Produktion wird aber in Japan gemacht.
Paul Matzke: Ich habe letztens beim Aufräumen festgestellt, dass wir tatsächlich schon - seit wann weiß ich nicht und ich habe es nicht gekauft. Ich weiß nicht, wo es herkommt - einen Band von „Solo Leveling“ haben. Der lag irgendwo im Kinderzimmer auf dem Fußboden zwischen anderen Dingen. Ich hatte aber davor noch nie davon gehört.
Jan Makino: Aber das ist ja bei uns oft so, dass man angerufen wird und es nur heißt: „Du kommst zu dem Projekt“. Und dann kommen wir dahin und erfahren eigentlich erst dann, ob das ein ganz kleines Ding ist oder vielleicht auch ein riesen Kinofilm. Das wird einem eigentlich vorher nicht wirklich gesagt.
Paul Matzke: Auch das Ausmaß der Rolle schätzt du in dem Moment oft nicht ein. Also gehst du hin, dann dauert das eine halbe Stunde, Stunde, anderthalb. Und du denkst. „Okay, das war's jetzt.“ In dem speziellen Fall ist es auch so gewesen. Oft versteht man auch die Zusammenhänge erstmal nicht, sondern verlässt sich auf die Regie und macht einfach seinen Job. Und man weiß, wenn die Regie sagt: „Das ist gut so, alles richtig und es passt genau so rein“, dann ist alles okay.
Jan Makino: Gerade beim Casting ist es oft so, dass man wirklich nur fünf oder zehn Takes hat. Die Produktion guckt, ob du auf die Rolle passt und du selber hast gar keine Ahnung. Der Regisseur weiß oft manchmal gar nicht die Zusammenhänge und dann kannst du nur versuchen, das vom Original abzunehmen. Das ist natürlich im Realfilm ein bisschen einfacher als jetzt bei Zeichentrick aus Japan, weil die dann doch oft Sachen überzeichnen, die wir im Deutschen dann ein bisschen anders machen. Aber mit viel Mangaerfahrung weiß man dann auch in etwa, da wird einem dann gesagt, der Charakter hat den und die Hintergründe usw. und dann versucht man es in diese paar Takes zu legen bei einem Casting. Und wenn man Glück hat, kriegt man dann die Rolle und weiß dann eigentlich erst, wenn man da am ersten Produktionstag auftaucht, worum es eigentlich geht.
Gab es irgendwelche besonderen Herausforderungen bei der Vertonung eurer Figuren? Bei Kampfszenen zum Beispiel?
Paul Matzke: In meinem Erleben habe ich von den Aufnahmen nicht sehr viele Kämpfe in Erinnerung. Ich kann mich an eine lange Kampfszene erinnern, aber ich kann mir vorstellen, dass es eher gefischt wird. Also das der Ton dann aus dem Original einfach beibehalten wird. Mir ist auch gestern klar geworden, warum das möglich ist. Ich war im Studio für die zweite Staffel von „Solo Leveling“ und da ist mir ganz oft aufgefallen, dass, wenn der einen bloßen Laut macht oder so, ich mir dachte, dass wir den schon aufgenommen haben, weil das so ein krasses Voice Match ist in meinem Fall. Der Regisseur hat das auch bestätigt, und dann ist das natürlich einfach. Dann kann man schön bei den Kämpfen, wo nur Töne und laute sind - Ich denke, das ist dann auch eine Budgetgeschichte - Texte sparen. Und deine Frage war die Herausforderung. Ich finde grundsätzlich, das ist aber nicht auf „Solo Level“ spezifisch bezogen, sondern grundsätzlich bracht man bei Animes finde ich sehr, sehr viel Fingerspitzengefühl und wie Jan schon sagte Erfahrung, um den ganzen Gestus, die ganze Art und Weise, wie die da reden und wie die da sich ausdrücken, einschätzen zu können. Und wie man es in eine Hörgewohnheit, die in unserem Sprachraum nachvollziehbar ist, überträgt.
Jan Makino: Wobei ich mir immer denke, dass die eingefleischten Fans, die das dann auch immer auf Japanisch schon geguckt haben, das wahrscheinlich gar nicht so wild finden wie Leute, die jetzt nicht aus diesem Mangabereich sind. Weil wenn man das zum ersten Mal im Japanischen hört, dann ist das schon sehr überzogen, sehr überzeichnet, viel Manierismus, wo man sagt „Oh, sowas habe ich jetzt noch nicht gesehen“, aber wenn man damit aufwächst, dann glaube ich, ist es wahrscheinlich gar nicht so überzogen, wie wir das vielleicht wahrnehmen. Wenn man andere Zeichentrickfilme von Disney oder so kennt, die ja ganz anders agieren, viel weniger mit der Stimme jetzt so krass reingehen oder so aggressiv. Da sind ja die Charaktere in den Mangas auch oft sehr - ich will nicht sagen schwarzweiß - aber die die Emotionen sind immer sehr deutlich. Und wenn du dann sauer bist, bist du sehr sauer. Wenn du lustig, was, dann bist du sehr lustig und das ist ja im realen Film oder eben auch bei anderen Zeichentrickgenres nicht ganz so und wie Paul sagte, mit der Erfahrung weiß man dann, wie man das ein bisschen an das deutsche Publikum versucht anzugleichen.
Paul Matzke: Und es ist natürlich auch Projekt abhängig. Ich habe auch zwei Staffeln „Jojos Bizarre Adventures“ gemacht und da war ich dann hinterher sehr überrascht, was wir uns da erlaubt haben. Also wie fett, groß, überzeichnet und ekstatisch das da ist. Aber wie gesagt, da berufe mich dann auf die Regie, die sagt dann so „ja, nee, wir machen so“. Ich nehme das auch immer so wahr, dass die smoothen Hauptcharaktere - manchmal hört man ja auch, was die Kollegen schon gesprochen haben, um es mal so einordnen zu können - die sprechen dann ganz ruhig und klar, auch wenn es um Originalton ganz anders ist.
Jan Makino: Was vielleicht auch ganz interessant ist für Leute, die jetzt nicht so aus dem Synchrongewerbe kommen. Wir werden ja oft gemixt, das bedeutet, wir werden einzeln aufgenommen. Früher standen tatsächlich noch die fünf Leute, die in der Szene vorkamen, alle vor dem Mikro. Das war bis 2000 so, und dann war das einfach technisch möglich, das auf ganz viele verschiedene Spuren aufzuteilen. Wir haben jetzt aber alle so viele Termine, dass wir nicht alle gleichzeitig im Studio sein können und deswegen wird das gemixt. Und dann hört der Regisseur hinten, der in einem anderen Raum sitzt, tatsächlich auch die Anschlüsse. Das heißt, er hört den Text vorher und nachher und sagt „das passt alles gut zusammen“. Wir als Sprecher kriegen - manchmal wird uns das reingespielt, wenn der Anschluss gut passen muss - oft gar nicht mit, was unsere Kollegen dann auf Deutsch gemacht haben, sondern wir hören nur das englische Original. Vorher dann unseren Satz und dann vielleicht noch ein Stück danach. Aber das Deutsche kriegen wir oft gar nicht mit.