21 Jahre „Tatort“ – für Axel Milberg endet heute ein großer Teil seines Lebens. Sentimental macht ihn dieser Schlussstrich aber nicht.

„Tatort“-Fans lassen erfahrene Ermittler nur ungern gehen, zu gut lernte man sie in den vergangenen Jahren kennen, und zu speziell ist der Stil der unterschiedlichen Kommissare. Dennoch ist es nun Zeit für einen weiteren Abschied, denn Axel Milberg verlässt den Kieler „Tatort“ – und mit ihm muss natürlich auch Kriminalhauptkommissar Klaus Borowski seine Taschen packen.
Ob der Ruhestand oder der Tod auf Borowski wartet, bleibt natürlich bis zur Ausstrahlung ein Geheimnis – nicht mal die Presse bekam die letzten Minuten des neuesten Falls „Borowski und das Haupt der Medusa“ zu sehen. Doch selbst wenn die Geschichte für Borowski ein gutes Ende nimmt, ist mit einem Wiedersehen nicht zu rechnen. Mit seinem „Tatort“-Ausstieg geht für Milberg nämlich ein Traum in Erfüllung.
„Tatort“ als Zeitfresser

Mit jedem neuen „Tatort“-Vertrag legen sich Schauspielerinnen und Schauspieler gleich für zwei oder drei Jahre fest. Daran hatte Milberg kein Interesse mehr, denn die umfangreichen Dreharbeiten, die zweimal jährlich für den Kieler „Tatort“ stattfanden, wurden für ihn zu einem Hindernis.
„Der ‚Tatort‘ bedeutet pro Jahr zwei große Blöcke im Kalender. Dafür muss man anderes absagen. Vorbei ist vorbei. Zwei Tage nach meinem letzten ‚Tatort‘-Drehtag ging‘s für vier Monate nach Budapest. Da habe ich für Disney+ ‚Vienna Game‘ gedreht, eine Serie über den Wiener Kongress. Im Herbst war ich für einen anderen Film noch mal zwei Monate in Brasilien. Auslandsproduktionen verlangen auch rechtlich Priorität“, so Milberg im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Zudem stand seine „Tatort“-Rolle auch anderen Engagements im Weg. „Wenn du ‚Tatort‘-Kommissar bist, ist diese tolle Marke sehr präsent. Wenn sich in einem Kinofilm vier Kommissare tummeln, kann es sein, dass das Publikum nicht der Geschichte folgt, sondern die Ermittler sieht.“
Mit seinem „Tatort“-Ausstieg trennt sich Milberg also auch von der „Tatort“-Marke. Mit der langlebigen Krimireihe hat er aber zumindest als Zuschauer nicht abgeschlossen – für ihn bleibt der „Tatort“ „auf einem sehr hohen Niveau“.
Moderne Krimis sind für Milberg zu trostlos

So positiv spricht Milberg nicht über jede deutsche Krimi-Produktion. Allgemein beklagt er im Gespräch mit der Hörzu ein deutliches Krimi-Überangebot:
„Ehrlich gesagt: Es gibt zu viel davon. Mord am Hafen, im Norden, auf Inseln, Halligen, im Gebirge, Nordic Crime, Crime and Nature, Mord in Amsterdam, Marseille und Triest, Venedig schon immer – eigentlich reichen doch die Nachrichten um 20:15 Uhr, dass man sich im Sessel krümmt. Wozu noch mehr Blut und Pathologie-Szenen? Das muss aufhören, es macht traurig. Warum gibt’s keine anderen Geschichten? Warum nicht mal etwas, das uns Mut macht? Aber nein, lieber Sadismus und weibliche Opfer, um zu unterhalten. Boah ey, Leute!“
Auch wenn Milberg viel vom „Tatort“ hält, war der Abschied für ihn nicht sonderlich emotional. Selbst sein Abschiedsgeschenk, eine Schlussklappe, hat er am Drehort liegen lassen. Nur kurz ließ sich Milberg Zeit, um die vergangenen 21 Jahre Revue passieren zu lassen.
„Als ich nach Abschluss der Dreharbeiten durch Kiel fuhr, stand an verschiedenen elektronischen Anzeigetafeln: ‚Vielen Dank, Borowski‘. Kiel hat sich auf diese Weise verabschiedet. Da bin ich mit meinem Auto auf einen Supermarkt-Parkplatz gefahren, um mir das für einen Moment in Ruhe anzuschauen, saß da allein und dachte an die Zeit.“