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Kino

„Poor Things“ Filmkritik: So gut ist der Oscar-Film mit Emma Stone!

Wer ist das wahre „Monster“ im neuen Film von Yorgos Lanthimos? In „Poor Things“ wirbelt Emma Stone die “Polite Society” und das Patriarchat mächtig durcheinander und sorgt für ein Kinohighlight.

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Poor Things Emma Stone Mark Ruffalo
Unsere Filmkritik zu "Poor Things" von Yorgos Lanthimos Foto: Atsushi Nishijima

Bella Baxter (Emma Stone) ist anders. Das muss auch ihr neuer „Beobachter“ Mr. McCandles (Ramy Youssef) schmerzhaft feststellen, als sie ihm das erste Mal vorgestellt wird und ihm erstmal mit voller Wucht in die Nase boxt. Die unorthodoxe, ungefilterte, forsche und neugierige Art der jungen Frau will auch ihr vermeintlicher Ziehvater Dr. Godwin Baxter (Willem Dafoe), von Bella passenderweise als „Gott“ bezeichnet, erforschen. Das hat auch einen geheimnisvollen Hintergrund: Denn Bella benimmt sich nicht nur wie ein Kleinkind, sondern besitzt auch im wahrsten Sinne des Wortes den Verstand eines Babys. Weil ihr „Schöpfer“ ihr ein neues Leben beschert hat, muss dieses natürlich auch konsequent erforscht und erlernt werden: Vögeln, saufen, fressen. Aber alles bitte mit dem notwendigen Anstand – oder doch nicht?

In 140 Minuten adaptiert Yorgos Lanthimos ("The Favourite", "Dogtooth") die Vorlage des schottischen Autors Alasdair Grey in ein mitreißendes, selbstreflektiertes und verdammt witziges Filmdrama, das nicht nur mit einer fantastischen Emma Stone in der Hauptrolle punkten kann, sondern auch einen sehr zynischen Kommentar zur „Polite Society“ und dem Patriarchat abliefert.

Auch spannend:

 

„Poor Things“: Von „Frankenstein“ bis zum Zerficken des Patriarchats

Poor Things Emma Stone
Zum Schreien: Bella packt den Status der Welt nur schwer Foto: Walt Disney Studios

Im Kern erzählt „Poor Things“ natürlich eine Abwandlung von Mary Shelleys zeitlosem Klassiker „Frankenstein“. In der Rolle des ambitionierten Schöpfers und Wissenschaftlers tritt hier ein großartiger Willem Dafoe, der schon in seiner ersten Szene wirkt, als wäre er gerade erst vor einer Stunde in einem menschlichen Schlachthaus zusammengeflickt worden. Sein tragischer Hintergrund wird im Laufe des Films mehrfach thematisiert (doch den wollen wir an dieser Stelle nicht verraten) und bildet die Grundlage für seinen gottgleichen Status: Während sein eigener Körper dahinvegetiert und ihn nach aufwändiger Dialyse den einen oder anderen erleichternden Rülpser ausstoßen lässt, ist Bella sein ultimatives Lebenswerk: Unfassbar hübsch, vielleicht etwas ungelenk und dank ihres „Baby“-Brains noch komplett unschuldig.

Der treudoofe Student Max soll ein Auge auf die sehr ungestüme Bella behalten, doch kontrollieren kann er das „Monster“ bei weitem nicht: Zu neugierig ist Bella auf die große weite Welt da draußen und lässt sich naiverweise vom erstbesten Neureichen entführen, der ihr über den Weg läuft und die hübsche Gefangene als leichtes Opfer für seine Avancen ausmacht. Dass Bella ihr sexuelles Erwachen mit Duncan Weddeburn (Mark Ruffalo) feiert, kommt dem Charmeur natürlich äußerst gelegen und sorgt für erfüllende, aber auch verdammt anstrengende Schäferstündchen. Etwas unangenehm wird es nur, wenn Bella beim „Fine Dining“ mit Freunden unreflektiert losstampft, weil sie dem nervigen schreienden Kind gerne eine knallen würde. So beginnt die Odyssee der „Bella Baxter“ durch die Irrungen und Wirrungen der „Polite Society“ und der patriarchalen Gesellschaft, die sie mit zunehmender Erfahrung immer weniger verstehen kann…

 

„Poor Things“: Emma Stone ist das perfekte „Monster“

Poor Things Emma
Eingesperrt als lebendes "Monster": Emma Stone in "Poor Things" Foto: Walt Disney Studios

Spätestens mit seinem Oscar-prämierten Historienfilm „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ hat sich der griechische Ausnahmeregisseur Yorgos Lanthimos auch in Hollywood einen Namen gemacht und dürfte mit der Adaption des Romans von Alasdair Grey vermutlich seinen nächsten Arthouse-Hit landen. „Poor Things“ ist nicht nur stilistisch zauberhaft, mit seinem fantastischen Production-Design, der sehr kreativen Einbindung von Filmeinstellungen, Schwarzweiß-Material und natürlich dem herausragenden Kostümdesign und Makeup, sondern besticht mit verdammt viel cleveren Witz und einem fantastisch aufspielen Darsteller:innen-Ensemble. Allen voran brilliert hier Emma Stone in ihrer ersten Rolle seit ihrer Babypause  - die ihr nun auch einen "Golden Globe" und zumindest schon mal eine Oscar-Nominierung eingebracht hat - und gibt "Bella" eben die nötige Unschuld und Feingeistigkeit, um die Skurrilitäten der Gesellschaft mit Wortwitz und Schlagfertigkeit auseinanderzunehmen. Gemeinsam mit Mark Ruffalo bildet sie ein kongeniales Leinwand-Duo, auch wenn sich der Marvel-Star vor allem zum Ende hin die Grenze zum Klamauk nicht nur einmal streift und damit „Saturday Night Live“-Vibes heraufbeschwört. Willem Dafoe ist als zusammengesägter und gleichzeitig auseinanderfallender „Frankenstein“ gewohnt grandios und dürfte mit seinem Monolog zur persönlichen Unfähigkeit eines Liebesakts sicherlich im einen oder anderen filmischen Highlight-Reel landen.  

Was bemerkenswert ist, dass Lanthimos sein durchaus langes Film-Monster aber zu jeder Zeit im Griff hat und dem Film trotz sehr cleverem Sozialkommentar eine angenehme Leichtigkeit belässt. 

 

"Poor Things" ist bereits in den deutschen Kinos gestartet und ist ab dem 20. März auf Disney+ zu sehen!



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