Eine Portion „Der Gigant aus dem All“, eine Handvoll „Baymax“ und eine Prise „Amy und die Wildgänse“ – mit diesem Rezept zauberte DreamWorks ein neues Animations-Highlight.
Mit dem Begriff „Fish out of Water“ bezeichnet man Geschichten, in denen eine Figur ihr gewohntes Lebensumfeld verlässt und plötzlich an einem neuen Ort oder in einer neuen Zeit landet. Die daraus entstehenden Missverständnisse sind nicht nur äußerst unterhaltsam, sondern oft auch erhellend, da eine außenstehende Person einen ganz neuen Blickwinkel auf unseren gewohnten Alltag mitbringt.
Bei „Der wilde Roboter“ haben wir es jedoch eher mit einer „Robot out of the Box“-Erzählung zu tun – ähnlich, aber doch anders. Immerhin handelt es sich hier nicht um eine echte, sondern eine künstliche Intelligenz, die nicht auf Erfahrungen und Erinnerungen, sondern auf ihre Programmierung zurückgreift.
Obwohl das KI-Thema in „Der wilde Roboter“ sehr aktuell klingt, sind Roboter, die eine neue Welt entdecken und im Verlauf der Geschichte ihr „Herz“ finden, in der Filmgeschichte keine Seltenheit. Ob in „A.I. – Künstliche Intelligenz“ oder „Der Gigant aus dem All“, Künstliche Intelligenz wird oft als wissbegieriges, unbeschriebenes Blatt dargestellt, das die Welt der Menschen erforscht und nach und nach versteht, ohne jemals wirklich dazuzugehören.
Eine ungewöhnliche Familie
ROZZUM-7134, kurz Roz, hat es eigentlich nicht darauf abgesehen, die Menschen oder die Gesellschaft zu verstehen. Als Hilfsroboter besteht ihre Aufgabe darin, Befehle zu befolgen. Doch da sie nie ausgeliefert wird, sondern bei einem Sturm von einem Schiff fällt und auf einer menschenleeren Insel landet, kann Roz ihren Daseinszweck nicht erfüllen. Zudem wird ihre Rückkehr zu ihrem Auslieferer von den tierischen Bewohnern der Insel vereitelt, die Roz für ein Monster halten und immer wieder angreifen. Roz bleibt nichts anderes übrig, als auf der Insel zu bleiben und zu lernen.
„Der wilde Roboter“ macht es einem leicht, mit Roz mitzufühlen, schließlich ist die Roboter-Frau zunächst unsere einzige Bezugs-"Person". Erst als Roz die Tiere verstehen lernt, wird das Ensemble erweitert und wir erleben eine Geschichte über Vorurteile, Zusammenhalt und Elternschaft.
Durch einen Unfall bekommt Roz schließlich doch eine Aufgabe: Sie muss ein Gänseküken beschützen, das seine Mutter verloren hat. So schließen sich Roz, das Küken Brightbill und der Fuchs Fink zu einer Zweckgemeinschaft zusammen und erleben gleichermaßen spannende wie emotionale Abenteuer.
Ein Genuss für Herz und Auge
Das Geschehen wirkt gelegentlich etwas sprunghaft – einige thematische oder zeitliche Sprünge reißen einen kurz aus der Handlung – doch „Der wilde Roboter“ hat das Herz am rechten Fleck und rührt teilweise zu Tränen, ohne dass es (wie oft bei Pixar) gewollt sentimental wirkt.
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Nicht nur erzählerisch, sondern vor allem visuell überzeugt „Der wilde Roboter“. Durch Animationen, die Stile von Disney, Hayao Miyazaki und Claude Monet verbinden, entstehen wunderschöne Bilder, wie man sie nur in den besten Bilderbüchern findet. Man würde sich am liebsten einige Szenen an die Wand hängen. Es überrascht, dass „Der wilde Roboter“ nicht auf einem Bilderbuch, sondern auf einem Jugendroman von Peter Brown basiert. Mit der Optik des Films hat Regisseur Chris Sanders („Drachenzähmen leicht gemacht“) großartige Arbeit geleistet.
In der Originalfassung leihen Stars wie Lupita Nyong’o und Pedro Pascal den Figuren ihre Stimmen, während in der deutschen Version die Moderatorin Judith Rakers am Mikrofon stand. Die ehemalige Tagesschau-Sprecherin macht hier eine sehr gute Figur und verleiht Roz gekonnt die anfangs neutrale, später emotionalere Sprechweise.
„Der wilde Roboter“ ist ein zeitloses Abenteuer für Jung und Alt, das einem die Figuren ans Herz wachsen lässt und mit atemberaubenden Bildern beeindruckt. DreamWorks macht hier Disney ernsthafte Konkurrenz!