"Vielleicht kann ich irgendjemandem das Gefühl geben, damit nicht allein zu sein" - Pia Trümper gehört seit drei Jahren zum "Berlin - Tag & Nacht"-Cast. Fast ein ganzes davon verbrachte sie nicht am Set, weil Depression und Angststörungen sie daran hinderten, ihr Leben so zu leben wie sie es eigentlich wollte. Jetzt erzählt sie davon.
Seit 2020 steht Pia Trümper für "Berlin - Tag & Nacht" als Amelie vor der Kamera. Als diese hat sie schon so einiges durchstehen müssen. Räumliche Trennung von den Adoptiveltern, toxische Beziehung zu einem Zuhälter, Tod des leiblichen Vaters - das ging nicht spurlos an der jungen Frau vorüber. Im Oktober vor zwei Jahren entschied sich Amelie daher, eine Auszeit zu nehmen. Fernab der Hauptstadt wollte sie wieder zu Kräften kommen und zu sich selbst finden.
Achtung, Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Depressionen. Wenn du auch unter der Krankheit leidest, findest du am Ende des Artikels Hinweise zu kostenlosen Hilfsangeboten.
Laut Script sollte sie eigentlich nur wenige Wochen fortbleiben, doch schließlich wurde daraus beinahe ein Jahr. Bis Mitte 2022 legte Darstellerin Pia Trümper eine BTN-Pause ein, unfreiwillig. Der Grund: Auch die Mimin selbst musste sich um ihre mentale Gesundheit kümmern. Bei ihr waren eine mittelschwere Depression, Burn-out und eine Angststörung diagnostiziert worden.
Heute geht es ihr glücklicherweise besser. Der Weg dahin war jedoch alles andere als einfach. Nun spricht die Schauspielerin erstmals offen darüber, woran sie gemerkt hat, dass es ihr nicht gut geht, darüber, was sie in der Zeit nach der Diagnose empfunden hat, und wie sie es geschafft hat, wieder nach vorne zu blicken.
BTN-Star Pia Trümper: "Mich hat nichts mehr glücklich gemacht"
Wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass sich dein Gemütszustand verändert?
Um ehrlich zu sein, denke ich, dass das schon während der Schulzeit angefangen hat und das ich einfach sehr anfällig dafür bin in depressive Phasen hineinzurutschen. Es gab und gibt zwar immer wieder gute und sehr gute Phasen, aber im Grunde, so empfinde ich es zumindest, bleibt die Krankheit ein Leben lang bestehen und man lernt nur mit ihr umzugehen. Die schlimmste Phase, weshalb ich später auch die Therapie begonnen habe, hat im März 2021 angefangen, ab da ging es steil bergab.
Welche Veränderungen gab es?
Mich hat einfach nichts mehr glücklich gemacht. Ich bin eigentlich ein sehr begeisterungsfähiger Mensch, aber zu der Zeit war ich das absolut nicht mehr. Ich wollte oder besser gesagt ich konnte gar nicht mehr rausgehen und habe mich unter anderen Leuten nicht mehr wohl gefühlt. Ich hatte auch nur noch selten genug Energie, mich um meine Wohnung oder sogar um mich selbst zu kümmern. Auch mein Schlafrhythmus war völlig durcheinander, ich lag nächtelang wach, obwohl ich extrem müde war. Als dann auch noch Panikattacken dazukamen wusste ich, dass ich da allein nicht mehr rauskomme.
Wie lautete die Diagnose und wie bist du damit umgegangen?
Mein Therapeut hat mir schon zum Anfang der Therapie, also im Oktober 2021, gesagt, dass es sich um ein Burn-Out, eine mittelschwere Depression und eine Angststörung handelt. Was mich, um ehrlich zu sein, nicht wirklich überrascht hat. Irgendwie war es sogar beruhigend einen Namen dafür zu haben. Gleichzeitig wusste ich, dass es viel Arbeit bedeuten würde wieder gesund zu werden. Wenn du sowieso in der Mentalität "Nichts wird jemals wieder gut" feststeckst, wirkt das erstmal ziemlich erdrückend.
Pia Trümper: "Ich viel mehr als die Krankheit"
Was war für dich am schlimmsten während dieser Zeit?
Am schlimmsten war der festgefahrene Glaube daran, dass es nie wieder besser werden wird. Ich habe mich selbst in der Zeit einfach unglaublich vermisst. Fast noch schlimmer war zu wissen, dass es den Menschen, die mich lieben, genauso ging. Noch nie hat mich etwas so traurig und glücklich zugleich gemacht, wie der Moment als mein Papa mit Tränen in den Augen zu mir meinte: „Ich weiß doch, der kleine Sonnenschein mit den goldenen Locken ist immer noch in dir". Ich wollte unbedingt wieder wie vorher sein, und dass ich einfach nicht mehr wusste, wie das geht, war unfassbar frustrierend. Ich wollte niemanden enttäuschen, obwohl ich die einzige war, die irgendwelche Erwartungen an mich hatte.
Was hat die geholfen die depressive Phase zu überwinden?
Erstmal musste ich verstehen, dass ich nicht die Krankheit bin. Ich habe sie, ja, aber ich bin noch viel mehr als das. Ich habe mich auch abseits der Therapie sehr viel mit meiner Vergangenheit beschäftigt und konnte mir selbst viele Antworten geben. Eine Zeitlang habe ich wieder zuhause gewohnt, was meinem mentalen Zustand extrem gutgetan hat. Meine Eltern mussten sich wegen der Entfernung nicht noch mehr Sorgen machen und ich habe viel Zeit mit zwei meiner besten Schulfreunde verbracht.
Kurze Zeit später ist meine BTN-Kollegin Lidia Santangelo in meine damalige Berliner WG gezogen, was rückwirkend betrachtet einer der schönsten Zufälle meines Lebens war. Ohne dass es Lidias Intension war, hat sie mir unbewusst dabei geholfen die Freude am Leben wiederzufinden.
Pia Trümper: "Ich weiß, wie einsam man sich mit der Krankheit fühlen kann"
Was hilft dir in stressigen Zeiten in Balance zu bleiben?
So genau habe ich das noch nicht herausgefunden, aber ich weiß auf jeden Fall, was ich in stressigen Zeiten nicht mehr mache: Die ganzen negativen Emotionen in mich reinfressen und alles nur mit mir selbst ausmachen. Ich habe den Satz beim ersten Hören gehasst, aber: „Schmerz verlangt gespürt zu werden!“ Außerdem halte ich mich fern von Menschen, die mir meine Energie rauben, beschäftige mich mit Dingen, die mir Freude bereiten und versuche erstmal herauszufinden, warum ich überhaupt gestresst bin, um dann dagegen vorgehen zu können.
Warum findest du es wichtig, öffentlich über das Thema zu sprechen?
Weil ich weiß, wie einsam man sich mit der Krankheit fühlen kann. Man hinterfragt sich selbst und schämt sich vielleicht sogar, weil man gerade nicht mehr "Ich" sein kann. Ich kann niemanden heilen, nur weil ich über meine Depressionen spreche, aber vielleicht kann ich irgendjemandem das Gefühl geben, damit nicht allein zu sein.
Was rätst du Menschen, die psychische Probleme haben?
Gebt euch selbst nicht auf! Seid geduldig mit euch, auch wenn es vielleicht manchmal hoffnungslos erscheint. Da ist zu 101 Prozent Licht am Ende des Tunnels, auch wenn der Weg dahin höllisch anstrengend ist. Es ist völlig okay zu scheitern oder langsamer voranzukommen als man es sich wünscht, aber gebt euch bitte nicht auf!
Wenn du selbst mit Depressionen zu kämpfen hast, findest du unter den Hotlines der Telefonseelsorge (0800 111 0 111), dem Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe (0800 33 44 533) oder der Nummer gegen Kummer (116 111) Hilfe. Die Telefonseelsorge erreichst du auch über www.telefonseelsorge.de und die Deutsche Depressionshilfe unter www.deutsche-depressionshilfe.de.!--startfragment-->!--endfragment-->!--startfragment-->!--endfragment-->!--startfragment-->
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