Jürgen Vogel sprach im TV Movie Online-Interview über seinen neuen Film "Es ist zu deinem Besten", Familie und den gesellschaftlichen Generationskonflikt.
Jürgen Vogel ist zurück auf der großen Leinwand! Der Hamburger brilliert in seinem neuen Film „Es ist zu deinem Besten“ an der Seite von Heiner Lauterbach und Hilmi Sözer. Als väterliches Trio mischen sie sich in die Beziehungen ihrer Töchter ein, denn die drei sind mit den neuen Partnern ihrer Schützlinge so gar nicht zufrieden. Dabei könnten die drei kaum unterschiedlicher sein: Ein konservativer Wirtschaftsanwalt (Heiner Lauterbach), ein Bauarbeiter mit erhöhtem Aggressionspotential (Jürgen Vogel) und ein harmoniebedürftiger Physiotherapeut (Hilmi Sözer). Entstanden ist eine mehr als unterhaltsame Komödie, die den Zuschauer nicht nur einmal zum Lachen bringen kann. TV Movie Online traf den Schauspieler und redete mit ihm über familiäre Gefüge, die Verantwortung von Eltern und über Politisches.
TV Movie Online: Im Film habt ihr euch als schauspielrisches Trio ziemlich gut ergänzt. Wie war es mit Hilmi Sözer und Heiner Lauterbach zu drehen?
Jürgen Vogel: Das war super! Ich hatte mit Hilmi schon mal gedreht für einen Thriller von Dennis Gansel: 'Das Phantom'. Dennis Gansel („Die Welle“) ist ein super Regisseur undhattedamals diesen RAF-Film gedreht, bei dem Hilmi und ich zwei Polizisten spielen. Und mit Heiner hatte ich bereits vor dreißig Jahren zusammen in den Serien 'Faust'und 'Eurocops'vor der Kamera gestanden. Daher kenne ich Heiner schon ziemlich lange und deswegen habe ich mich wahnsinnig gefreut mit den beiden wieder drehen zu dürfen. Dazu in der Konstellationdreier Väter – das war genial.!--endfragment-->!--startfragment-->
TV Movie Online: Du spielst in dem Film einen von drei Vätern. Was macht deine Figur so besonders?
Jürgen Vogel: Alleine der Name 'Karl-Heinz'hat mich sofort überzeugt, die Rolle zu spielen. Hinzu kommt, dass der unglaublich attraktiv ist und da dachte ich: 'Mensch, den könnte ich doch spielen!'Aber Spaß beiseite. Ich habe das Buch gelesen und finde die Geschichte über Väter und ihre Töchter, und wie diese auf die neuen Freunde reagieren, natürlich spannend – immerhin bin ich selbst Vater dreier Töchter. !--endfragment-->!--startfragment-->
TV Movie Online: Karl-Heinz ist ja ein ziemlicher Kontrollfreak. Bist du im Privaten auch so ein Helikoptervater?
Jürgen Vogel (lacht): Nein, das wäre ja schlimm! Aber ich muss dazu auch sagen, dass man als Vater von einem oder mehreren Mädchen Typen ganz anders betrachtet. Man scannt sie geradezu! Man will wissen 'Was ist das für einer?'und fragt Kataloge ab: Was macht der? Wie wohnt der? Macht der seine Wäsche selbst? Väter gucken einfach anders darauf.!--endfragment-->!--startfragment-->
TV Movie Online: Heißt das, du würdest es auch in Ordnung finden, wenn deine Tochter wie im Film einen deutlich älteren Mann mit nach Hause bringt?
Jürgen Vogel: Nee, da würde ich genauso reagieren wieKarl-Heinz: Erstmal die Nase brechen und dann entschuldigen.Aber Spaß beiseite, ich denke darüber nicht nach. Ich bin sowieso jemand, der da ganz wenig zu sagen darf, weil ich im Leben schon so viele verschiedene Wege gegangen bin. Es gibt keine festgeschriebene Zahl, die dir sagt,das geht oder das geht nicht. Das muss jeder für sich selbst entscheiden - auch die Kinder.!--endfragment-->!--startfragment-->
TV Movie Online: Bedeutet das, du warst mit jeder Beziehung deiner Töchter d’accord?
Jürgen Vogel: Es bringt einfach nichts, sich in so etwas einzumischen. Den Fehler machst du vielleicht am Anfang. Aber wenn du selbst Erfahrungen damit gesammelt hast, dann wird dir klar: Du musst deinen Töchtern vertrauen! Und ehrlich gesagt, wenn man beim Erwachsenwerden begleitend dabei ist, merkt man, dass die Kinder ein Gespür für gut, richtig und falsch entwickeln. Die müssen das einfach selbst rausfinden. Du kannst nur danebenstehen und wenn etwas passiert, beratend zur Seite stehen.
TV Movie Online: Hat dir das geholfen, um dich in Karl-Heinz besser einzufühlen?
Jürgen Vogel: Ja, total! Ich sehe halt einen Typen und versuche den direkt einzuschätzen wie der potenziell als Freund für eine Frau wäre. Der Film bringt das sehr unterhaltsam zur Geltung. Ich hatte das Drehbuch gelesen und dachte, da ist so viel Humor drinund so viele Möglichkeiten eine komische Situation daraus zu machen. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen.!--endfragment-->!--startfragment-->
Familie als Prüfung: Das Spiegelbild der Welt
TV Movie Online: Der Film spiegelt ganz gut familiäre Gefüge wider. Was bedeutet Familie für dich?
Jürgen Vogel: Familie kann ein Ort sein, an dem die schlimmsten Verletzungen passieren, aber auch die schönsten Dinge. Er ist quasi ein Ort, der deine erste Prüfung ist: Das erste Spiegelbild der Welt sozusagen. Und je besser das Elternhaus ist, umso besser gelingt einem der Start in die Welt. Das bedeutet aber nicht, dass wenn der Start nicht so gut ist, man die Welt nicht bewältigen könnte. Man kann sich seine Familie nicht aussuchen, aber man muss sich irgendwie arrangieren.!--endfragment-->!--startfragment-->
Als Eltern versucht man das so angenehm wie möglich zu gestalten. Das gelingt einem zwar nicht immer, aber es gibt für Kinder immer Momente, die schön und nicht so schön sind. Familie ist ein Spagat. Wichtig ist nur, dass man gerade als Elternteil immer flexibel bleibt und zuhört. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass man nur, weil man älter ist,nicht gleichzeitig alles weiß.!--endfragment-->!--startfragment-->
TV Movie Online: In der Realität wie im Film herrscht derzeit ein ziemlich großer Generationskonflikt. Wie lässt sich dieser Konflikt in unserer Gesellschaft überwinden?
Jürgen Vogel: Man sollte definitiv mehr Jugend in die Politik bringen! Herbert Grönemeyer hat schon gesungen 'Kinder an die Macht'. Ich denke, das Bewusstsein, das Kinder und Jugendliche für unseren Planeten haben, ist schon extrem groß. Das ist bei denen eine existenzielle Angst, dass wir unser Zuhause, unsere Erde kaputt machen. Als Erwachsener ist man bestochen von seinen Berufen und seinem Luxus. Man vergisst dadurch das Verständnis, wo das alles eigentlich herkommt. Es ist schon eigenartig, dass die Jüngeren mehr an die Zukunft denken als die Älteren, die das eigentlich tun sollten. Es gibt so viele Vereine, wo besonders junge Menschen sich ehrenamtlich engagieren.
TV Movie Online: Was meinst du damit?
Jürgen Vogel: Ich will sagen, dass es viele politisch denkende Jugendliche gibt, die man direkt konfrontieren und angehen sollte, um sie so in die Verantwortung der Politik miteinzubeziehen. Man sollte endlich diese alten Strukturen abschaffen, dass der Bildungsweg über Abitur und Studium als Voraussetzung für politisches Engagement gesehen wird. Wir leben in einer Monokultur eines zu alten Systems mit zu alten Politikern.
Amerika ist da aktuell ein sehr gutes Beispiel. Da wird gerade Politik mit alten Feindmustern betrieben, das man schon vom Kalten Krieg kennt. Das wird von den europäischen Ländern, die anders sozialisiert sind, natürlich kritisiert. Ich glaube, dass das ein Rezept für uns sein kann, das alte System mit neuem und jüngerem Potential aufzufrischen. Ältere Politiker haben natürlich auch ihre legitimen Funktionen. Allerdings in beratender und nicht in leitender Position! Es gibt Diskussionen über Frauenquoten in Unternehmen und in der Politik, die für mich absolut überfällig sind! Weil es klar ist, dass das passieren muss. Das Gleiche gilt auch für Jugendliche.
TV Movie Online: Führe das gerne weiter aus.
Jürgen Vogel: Es bringt einfach nichts, nur zu behaupten, dass etwas nicht umzusetzen ist. Das stimmt einfach nicht! Das ist wie bei den erneuerbaren Energien, wo die Lobby jahrelang gesagt hat, man könne nur 20 Prozent des Haushaltes mit Ökostrom versorgen. Was heute überhaupt kein Problem mehr darstellt. Das ist alles nur Gelaber gewesen! Und als die ganzen alternativen Energien - Windkraft, Solaranlagen usw. - eine Finanzspritze brauchten, haben die anderen großen Firmen, die auch die Atomkraftwerke betreiben, genau diese Unternehmen aufgekauft, wodurch der ganze Wettbewerb zum Erliegen kam. Man hat seine eigene Konkurrenz aufgekauft, um diese auf einem bestimmten Level zu halten, um die eigenen altbewährten und lukrativen Angebote zu erhalten. Das hat die Politik halt zugelassen, und das hätte nicht passieren dürfen. Man könnte dem gegensteuern, indem man wie gesagt mehr Jugend in die Politik holt.
TV Movie Online: Vielen Dank für das Interview!
"Es ist zu deinem Besten" läuft ab den 8. Oktober 2020 im Kino.
Interview: Lennart Schwenck