„TV Movie Online“-Redakteurin Anna Peters war dabei, als in den „Abbey Road Studios“ in London der Soundtrack zu „Kung Fu Panda 4“ aufgenommen wurde – und weiß Filmmusik jetzt ganz neu zu schätzen!
Jeder kennt es, das berühmte Sprichwort von der Stecknadel, die man fallen hören kann. Wenn in den „Abbey Road Studios“ in London eine Scoring-Session stattfindet, bei der Filmmusik entsteht, wird es Wirklichkeit. 63 Musikerinnen und Musiker sind anwesend, als wir am Vormittag des 29. November 2023 dabei sind, als am Soundtrack zu „Kung Fu Panda 4“ gefeilt wird. Von einer Empore aus werde ich Zeugin, wie der Dirigent den Taktstock schwingt. Bevor wir den Saal betreten, werden wir zu absoluter Ruhe aufgefordert. „Passt auf, dass eure Kleidung nicht raschelt!“
„Kung Fu Panda 4“-Scoring-Session: Selbst das Klimpern eines Reißverschlusses könnte alles ruinieren
Zum ersten Mal wird man sich bewusst, wie viele kleine Geräusche man beim Gehen, beim Atmen, bei jeder noch so winzigen Bewegung erzeugt. Als sich der Journalist neben mir am Kopf kratzt, klingt das für mich plötzlich richtig laut. Ich scharre nervös mit meinem rechten Fuß, der Reißverschluss an meinem Stiefel klimpert, ich drehe den Kopf, mein Nacken knackt. Natürlich wäre es eine Katastrophe, wenn das Orchester seinen Part perfekt meistert – und die Aufnahme dann wiederholt werden muss, weil wir gestört haben. Die Musizierenden selbst wissen ganz genau, was geht und wo die feine Grenze verläuft. Bevor die Geigerinnen und Geiger, die an diesem Tag den Großteil der Truppe ausmachen, an der Reihe sind, werden hinter vielen anderen Instrumenten Bücher gezückt. Nur umblättern geht während des Takes nicht.
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Das Orchester sieht die Stücke von Hans Zimmer und Steve Mazzaro am Tag der Aufnahme zum ersten Mal
Damit die Hände der Tonkünstler:innen beweglich bleiben, sind im großen Orchester-Saal der berühmten „Abbey Road Studios“ fünf Heizstrahler aufgestellt. Überall stehen Tee- und Kaffeetassen auf dem Boden. Mehrere Stunden lang wird hier heute am Stück gezaubert, damit die Abenteuer von Panda Po eine musikalische Untermalung bekommen und lebendiger werden. Eine Woche lang kehren die Bläser, Streicher und Vokalisten regelmäßig ins Studio zurück, bis alles im Kasten ist. Was mich besonders beeindruckt: Sie spielen vom Blatt, weil sie die von Hans Zimmer und Steve Mazzaro komponierten Stücke erst kurz vorher bekommen haben. Trotzdem macht niemand einen Fehler, während ich mit im Raum stehe. „Es waren wohl noch nicht alle bereit. Nochmal von vorne“, höre ich den Dirigenten sagen und stelle fest, dass das ein Trugschluss war. Mein ungeschultes Ohr bemerkt es wohl nicht einmal, wenn etwas nicht ganz stimmig klingt.
Als wir nach unserer Stippvisite beim Orchester im Studio der Aufnahmeleitung vorbeischauen, erleben wir hautnah mit, wie Musik und Bilder eins werden. Hier läuft nämlich auf einem Bildschirm die Filmszene, für die gerade die Musik aufgenommen wird. Da bemerke ich erst, wie viel Macht Töne haben können. Aus einem Duell zwischen dem Kung Fu Panda und seiner neuen Gegenspielerin, dem Chamäleon, dem eine wilde Verfolgungsjagd auf einem Dach vorausgegangen war, wird durch die Klänge der Instrumente ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel. Die Figuren werden lebendig, die Situation, in der sich Po befindet, richtig bedrohlich.
„Kung Fu Panda 4“: Wie der Soundtrack den Film auf ein anderes Level hebt
Die Stimmung im Aufnahmestudio ist trotzdem gelöst, es wird gewippt und getanzt. Rund acht Leute wuseln dort herum. Dennoch sind alle konzentriert bei der Sache, wenn es darauf ankommt. Auch Komponist Steve Mazzaro ist an diesem Tag anwesend. „Ich glaube, 110 war noch nicht ganz stimmig, alles andere war wunderschön“, lässt er den Dirigenten und das Orchester per Knopfdruck wissen. Und dann: „Nur noch einmal – wir waren super nah dran.“ Die Knöpfe des Mischpults zu zählen, vor dem er mit dem Toningenieur steht, könnte eine „Wetten, dass..?“-Aufgabe sein – es erscheint unmöglich. Ich schaue wieder hoch auf den Bildschirm, wo Po gerade mit seiner neuen Weggefährtin Zhen in einem dunklen Gewölbe unterwegs ist. Die kleine Füchsin macht einen Satz zur Seite, Klänge von Bass und Geige verleihen ihm zusätzliche Wucht. Dann ist es Zeit, zu gehen. Um zu erfahren, wie das Abenteuer von Po und seinen Freunden in „Kung Fu Panda 4“ ausgeht, muss ich mich also bis zum 14. März gedulden. Dann kommt die langersehnte Fortsetzung in Deutschland ins Kino! Nach meinem Erlebnis in den „Abbey Road Studios“ werde den Film mit ganz anderen Augen sehen – vor allem aber viel mehr und bewusster hören.