Pünktlich zur Championship in Wimbledon geht Prime Video mit dem Film „Perfect Match“ über das Leben von Tennislegende Steffi Graf an den Start. Wir haben Regisseur Florian Gallenberger zum Interview getroffen.
Wie herausfordernd eine Karriere als (angehender) Tennis-Profi sein kann, erlebte Florian Gallenberger am eigenen Leib. Zum Glück habe er deshalb noch andere Interessen entwickelt, kommentierte der Regisseur seine sportlichen Karriereambitionen im Interview lachend. Der Film „Perfect Match“, der die fiktionalisierte Geschichte der Tennis-Ikonen Steffi Graf (Lene Klenke) und Andre Agassi (Toby Sebastian) erzählt, ist deshalb ein ganz persönliches Herzensprojekt für den Filmemacher. Pünktlich zum Start des prestigeträchtigsten Tennisturniers der Welt, der Championships in Wimbledon, die ab dem 01. Juli exklusiv auf Prime Video übertragen werden, kann auch der Film ab dem 29. Juni auf der Plattform gestreamt werden. Vorab durften wir Regisseur Florian Gallenberger zum Videointerview treffen.
„Perfect Match“: Regisseur Florian Gallenberger im großen TV-Movie-Interview
Seine Karriere in der Filmbranche startete steil: Bereits als Uni-Absolvent gewann der inzwischen 52-Jährige einen Oscar! Warum das nicht nur Segen, sondern auch Fluch für seine Karriere war und wo man seine ganz persönliche Handschrift in seinem neusten Projekt „Perfect Match“ sieht, hat Florian Gallenberger im exklusiven TVMovie-Interview verraten.
Interview: Kimberly Hofmann
TVM: Wie kommt man dazu, einen Film über Steffi Graf zu machen? Schließlich hat sie sich bereits 1999 aus dem Sport und der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Florian Gallenberger: Die Idee stammt vom Produzenten Erik Welbers. Wir kennen uns seit vielen Jahren – tatsächlich sogar durch das Tennis. Er rief mich vor drei oder vier Jahren an und sagte, er wolle die Geschichte von Steffi Graf und Andre Agassi erzählen. Da war ich sofort an Bord: Zum einen finde ich, die beiden sind tolle Menschen und zum anderen großartige Tennisspieler. Als drittes habe ich eben meine eigene Tennisvergangenheit.
TVM: Was bedeutet diese Tennisvergangenheit denn genau?
Florian Gallenberger: Eigentlich war ich mit 16 am besten. Damals war ich – wie man das dann so sagt – die Nummer drei in Bayern und habe gedacht, ich werde Tennisprofi! Zum Glück habe ich dann andere Interessen entwickelt. Für den Leistungssport muss man körperlich einfach unzerstörbar sein, sonst hält man das nicht aus. Als Student habe ich dann Trainerstunden gegeben und in einer Mannschaft gespielt, in der ich ein bisschen Geld verdient habe. In München habe ich einmal die BMW Open mitgespielt, damals haben Jimmy Connors und Stefan Edberg noch gespielt. Das war der Höhepunkt meiner Tenniskarriere – und ich habe sofort haushoch verloren! Aber Tennis hat eben immer eine wichtige Rolle gespielt in meinem Leben.
TVM: Nun hat aber nicht jedes Projekt so einen persönlichen Bezug, oder?
Florian Gallenberger: Nein, aber trotzdem gibt es bei jedem Film, den ich mache, so etwas wie ein sich verlieben. Meist ist das keine rationale Entscheidung. Natürlich fragt man sich auch, kann das Erfolg haben, oder wollen die Leute das sehen? Aber eigentlich geht es darum: Verliebt man sich in die Idee, in die Geschichte, in die Figuren, in die Welt, oder nicht? Das ist schwierig zu begründen, es muss mich einfach packen.
TVM: Gab es so einen Moment auch bei der Idee zu „Perfect Match“?
Florian Gallenberger: Mir gefiel der Gedanke, nicht bloß einen Tennisfilm, aber eben auch nicht nur ein Liebesfilm zu machen. Sondern einen Film, der in dieser ganz eigenen Welt des Tennis spielt. Vor allem in Bezug auf diese sehr prägenden Väter, die so viel verlangen. Ich glaube, das ist ein Phänomen, das es im Tennis sehr stark gibt, weil es ein Einzelsport ist. Steffi und Andre wurden beide bereits als Kinder zum Objekt des Ehrgeizes ihrer Väter. Genau das ist für diese Liebesgeschichte aber auch so wichtig. Es gibt eben diese Parallele in ihrem Leben. Auch, wenn sie auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit diesem gleichen Hintergrund umgegangen sind. Beides war die Reaktion auf denselben Impuls.
TVM: Mit Druck kennen Sie sich ja aus. Sie waren sehr früh sehr erfolgreich und haben schon für ihr Studien-Abschlussprojekt einen Oscar gewonnen. Was hat das für kommenden Projekte bedeutet?
Florian Gallenberger: Erfolg ist immer eine zweischneidige Sache: Ohne den Erfolg hätte ich die Filme, die ich danach gemacht habe, nicht machen können. Es gibt einfach viel mehr Menschen, die Filme machen wollen, als es Geld für Filme gibt. Man muss sich also irgendwie durchsetzen und dabei sind Auszeichnungen natürlich extrem hilfreich.
TVM: Und die Schattenseite?
Florian Gallenberger: Ich war einfach von einem Tag auf den anderen jemand anderes. Vorher hat sich vielleicht eine Handvoll Leute dafür interessiert, was ich mache – wenn überhaupt. Als Oscar-Gewinner interessieren sich auf einmal ganz viele Leute dafür, was man macht. Und dann merkt man: Die größte Freiheit ist es eigentlich, nicht beachtet zu werden. Das ist zwar nicht schön, aber man fühlt sich freier.
Florian Gallenberger: Darum waren Steffi Graf und Andre Agassi nicht involviert
TVM: Wie sind sie damals mit diesem Druck umgegangen?
Florian Gallenberger: Direkt im Anschluss an die Oscars hatte ich zwei Wochen lang Meetings mit den größten Produzent:innen und Studiochef:innen dieser Welt in Los Angeles. Aber ich war darauf nicht vorbereitet, muss ich sagen (lacht). Das war großartig und beeindruckend, ich habe mich dann allerdings für einen Film in Indien entschieden. Das war ein wunderbares Projekt, aber aus Sicht von Karriereplanung vielleicht nicht die klügste Wahl. Der Film war mit indischen Schauspieler:innen und auf Bengali, sodass man ihn eigentlich in keinem Land dieser Welt auswerten konnte. Ich glaube schon, ich war damals einfach ein bisschen überfordert mit dieser Situation.
TVM: Mit „Perfect Match“ haben sie jetzt die wahre Geschichte von zwei realen Personen erzählt. Wie sehr kann man sich dabei als Regisseur kreativ ausleben?
Florian Gallenberger: Ich finde, dass Biografien immer eine Hilfestellung sind, weil bestimmte Eckpunkte und ein roter Faden vorgegeben sind. Dann geht es darum, wie man diese Episoden ausfüllt: Wie lernen sich die Figuren kennen und wie nähern sie sich an?
TVM: Apropos Figuren: Die Hauptdarsteller:innen Lena Klenke und Toby Sebastian waren optisch ja wirklich ein „Perfect Match“ mit ihren Vorbildern Steffi Graf und Andre Agassi!
Florian Gallenberger: Ja, das ist natürlich ein springender Punkt bei so einer Geschichte: Da muss es eine Ähnlichkeit geben! Lena Klenke war von Anfang an die Favoritin. Die Nase von Steffi Graf konnte sie aber natürlich nicht spielen. Die muss man einfach haben. Deswegen haben wir bei ihr mit einer Nasen-Prothese gearbeitet. Bei Andre Agassi hat die Besetzung sehr lange gedauert und wir haben mit sehr vielen Darstellern gesprochen. Toby Sebastian hat sich dann gleich in den ersten Gesprächen super in die Rolle eingefunden. Als er bei der ersten Maskenprobe dann plötzlich diese Perücke und den Stoppelbart hatte, waren alle nur noch geflasht. Er war plötzlich Andre!
TVM: Haben Steffi Graf und Andre Agassi auch Impulse gegeben?
Florian Gallenberger: Leider nicht. Die Produktion hat selbstverständlich Kontakt mit ihrem Management aufgenommen, von dem Projekt berichtet. Die beiden wollen aber nicht zurück ins Rampenlicht und wollten dementsprechend auch nicht mit an dem Film arbeiten. Ich finde, gerade das ist aber auch das Besondere an ihnen. Mir war es deshalb umso wichtiger, keinen reißerischen Film zu machen und die Geschichte nicht auszuschlachten.
TVM: Wie haben sie sich dann die Informationen über die beiden beschafft?
Florian Gallenberger: Der Film erzählt die Dinge, die man weiß, weil sie öffentlich bekannt sind, zum Beispiel aus Interviews oder Gerichtsakten. Agassi selbst hat etwa mal beschrieben, dass er jahrelang in Steffi verliebt war. Solche Fakten haben wir dann filmisch und szenisch so umgesetzt, dass es Spaß macht, sich das anzuschauen. So etwas wie das „Museum of Nothingness” hat es natürlich nicht gegeben.
TVM: Da kam dann die Kreativität eines Regisseurs zum Vorschein?
Florian Gallenberger: Genau. Das war beispielsweise eine filmische Umsetzung, oder, wenn man so will, ein poetischer Gedanke davon, wie zwei Menschen sich treffen und plötzlich die ganze Welt weg ist, weil es nur noch diese beiden Menschen gibt. In diesem Moment merken sie: Vielleicht gehören wir doch auf eine Art und Weise zusammen oder sind miteinander verbunden. Auch hier gilt: Mein Ziel war es immer, dass man am Ende des Films Respekt vor den beiden hat und Wertschätzung für das, was sie geleistet haben, empfindet. Sie haben schwierige Leben gelebt. Ich würde mich freuen, wenn man nach dem Film dächte: Das sind tolle Leute!