Caesar ist zurück! Warum der Dreh zu "Planet der Affen: Survival" die größte Herausforderung für Andy Serkis bisher wurde, verriet er uns im Interview.
Der Meister des Motion Capture. Der König der Affen. Es gäbe wohl unendlich viele Superlative, mit denen man die unglaubliche Karriere von Schauspieler Andy Serkis beschreiben könnte. Obwohl ihn mittlerweile immer häufiger Leute auf der Straße ansprechen, wie er uns im Interview zu „Planet der Affen 3: Survival" in Berlin verriet, ist Andy Serkis eigentlich der Schauspieler hinter der "Maske": Mit seiner unglaublichen Darstellung als „Gollum“ in der "Herr der Ringe"-Trilogie revolutionierte er kurzerhand die Art und Weise, wie man computergenerierte Figuren in Filmen so menschlich wie nur möglich darstellen kann.
Kein Wunder, dass „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson auch in seinem epischen „King Kong“-Remake auf das Multitalent baute: Wieder einmal hauchte Serkis mit seiner unnachahmlichen Art und Weise einer ikonischen, computergenerierten Figur Leben und Seele ein. So hochgelobt die Tricktechnik dieser Filme auch wurde, so oft wurde der Schauspieler hinter der "Computer"-Fassade vergessen – was Andy Serkis bis heute ein wenig wurmt.
Doch spätestens mit dem dritten Teil der „Planet der Affen“-Reihe sollte sich Andy Serkis wohlverdiente Hoffnung auf eine Oscar-Nominierung als Bester Darsteller machen: Denn der Krieg, in dem sich Cesar und seine Affenbande befinden und der auch im Affen-Anführer wütet, brachte Andy Serkis an die dunkelsten Orte seiner bisherigen Karriere. Warum gerade DAS so erfüllend war, verriet er uns im exklusiven TVMovie.de-Interview:
TVMovie.de: Wie lange brauchen Sie nach den Dreharbeiten, um wieder normal gehen zu können?
Andy Serkis: (lacht) Es braucht tatsächlich ein bisschen Zeit bis ich wieder gerade stehen kann. Allerdings sind Cesars Bewegungen im neuen Film auch deutlich menschlicher. Zumindest dahingehend war es viel einfacher, als zu Beginn der Film-Reihe, als Cesar noch ein Kind war. Damals konnte ich am Ende eines langen Drehtages tatsächlich kaum mehr aufrecht. Caesar hatte damals noch diese jugendliche Energie - und bei mir war nach dem Austoben gefühlt jedes Körperteil völlig im Eimer (lacht).
Sie haben bereits eine unglaubliche Karriere hinter sich: Genießen sie eigentlich immer noch die Anonymität?
Ich fühle mich eigentlich gar nicht so unbekannt. Mittlerweile kommen jeden Tag Leute auf mich zu, die über meine Rollen reden möchten. Oder sie fragen mich, ob ich "Gollums“-Stimme nochmal intonieren kann (lacht). Trotz dieser Anonymität, die ich ja selbst glaubte zu haben, kommen viele Leute auf mich zu.
Nicht bei jedem Schauspieler würden sich die Leute so stark für die Rollen interessieren...
Ich finde das total faszinierend. Und gleichzeitig ist es eines der schönsten Komplimente, das man mir machen kann. Typischerweise gehe ich irgendeine Straße entlang, Leute gehen an mir vorbei und plötzlich höre ich so ein Aufstöhnen hinter meinem Rücken. Manche von ihnen rennen mir dann nach. Und den Satz, den ich eigentlich fast immer zu hören bekomme, lautet: "Bist DU der Schauspieler?" Nicht etwa: "Bist du Andy Serkis?" Oder: "Hast du Gollum gespielt?" Nein, die Leute fragen tatsächlich: "Bist DU der Schauspieler?" Und ich sage natürlich in einer tiefen Stimme: "Ja, ICH bin der Schauspieler!" Das ist total spannend.
Gollum, King Kong, Caesar: Was reizt sie an dieser Art von Rollen?
Als ich ein Schauspieler wurde, war für mich eigentlich der größte Anreiz die Kunst der Transformation: Der Aspekt jemand oder etwas ganz anderes zu werden, war völlig befreiend. Selbstverständlich zeigt man auch einen großen Teil seines Selbst im Film oder im Theater. Man benutzt seine eigene Psychologie und seine eigenen Emotionen, um eine Figur zu erschaffen. Ich hatte allerdings immer das Gefühl: Je weiter eine Figur von mir selbst weg steht, desto mehr kann ich mich ausleben und ausdrücken.
Wie erfüllend war es für Sie in „Planet der Affen: Survival“ in Cesars dunkle Seite eintauchen zu können?
Matt und Mark (Anm.: Matt Reeves und Mark Bombach) haben einfach ein großartiges Drehbuch verfasst und für meine Figur diese spannende Wendung konzipiert. Es war eine geniale Idee, den Film mit diesem empathischen Anführer zu beginnen, der immer noch versucht eine friedliche Lösung zu finden. Und dann wandelt er sich zu diesem hasserfüllten Individuum, das sich freiwillig auf den Pfad der Zerstörung begibt. Der Verlust, den er erlitten hat, lässt ihn in eine Abwärtsspirale abdriften.
Für mich als Darsteller war das unglaublich düster, aber auch sehr intensiv. Gerade wegen der thematischen Dunkelheit sind die Erinnerungen an den Dreh nicht unbedingt die „Glücklichsten“, weil es emotional und auch physisch sehr hart war. Wir haben im kanadischen Winter viele Schnee-Szenen gedreht. Es war eiskalt und wir hatten nur diese dünnen Motion Capture-Anzüge an. Ich hatte in dieser Zeit auch persönlich einen Verlust zu verkraften. Es war wirklich eine dunkle Zeit - in jeglicher Hinsicht.
Was empfinden Sie eigentlich, wenn Sie in den Zoo gehen und echte Affen sehen?
Ich spüre natürlich eine Art Verbindung zu ihnen, weil ich zu Beginn der Dreharbeiten viel Zeit mit echten Affen verbracht habe. Sie haben nicht nur die Fähigkeit empathisch zu sein, sondern werden auch frustriert oder wütend. Es ist erwiesen, dass sie sich in Gefangenschaft viel stärker dem Verhalten von Menschen anpassen, weil dies ja auch ihr einziger Refernzpunkt ist. Ein Berggorilla in Ruanda hat hingegen einen ganz anderen Lebensrhythmus - viel stärker angepasst an der jeweiligen Umwelt.
Ist die „Planet der Affen“-Franchise in Ihren Augen deshalb so erfolgreich, weil sie zentrale menschliche Fragen aus der Perspektive eines Affen reflektiert?
Das macht die "Planet der Affen"-Franchise seit 1968 zu so etwas Besonderem: Obwohl Affen zu etwa 97% genetisch identisch mit uns sind und uns demnach sehr nahe stehen, sehen sie einfach anders aus. Gerade wegen dieser vermeintlichen Distanz können wir uns so stark mit den Affen identifizieren. Weil wir uns selbst sehen können in den Affen. Und Cesar ist so eine unglaubliche Figur. Für mich war Cesar immer ein Mensch in der Haut eines Affen. Er wurde in der Umgebung von Menschen erzogen und hat sich zuhause gefühlt. Im ersten Teil war Will seine Vaterfigur und wurde von ihm geliebt. Doch als Teenager wird er in eine Affen-Zuflucht gesteckt und muss plötzlich herausfinden, was es bedeutet ein Affe zu sein und eine Führungsrolle zu übernehmen, weil er als Außenstehender einen anderen Blick auf das Geschehen hat.
In „Planet der Affen: Revolution“ sehen wir die Geburt einer Affen-Gesellschaft - mit eigenen Gesetzen. Jedes Mal, wenn Caesar sich als Figur emotional weiterentwickelt, kann er sich auch stärker als Mensch ausdrücken: Er kann die Sprache besser einsetzen, er denkt menschlicher und drückt sich auch deutlich stärker als Mensch aus. Trotzdem beginnt er erst sehr langsam menschliche Sprache nachzuahmen. Die Affen-Gemeinschaft konnte jedoch heranwachsen, weil sie eine Zeichensprache entwickelt haben.
In Planet der Affen: Survival entwickelt sich Caesar vom empathischen Anführer plötzlich zu seiner primitivsten Inkarnation bisher - und schuld daran sind der Hass und der Schmerz, von denen er getrieben wird. Das ist der innere Widerspruch von Caesar im dritten Film. Obwohl er intellektuell und emotional so stark gewachsen ist, kann er seine eigenen Urinstinkte nicht kontrollieren. Das ist die Form von Krieg, die in Caesar stattfindet.
Gerade weil sich Cesar von seinen Emotionen leiten lässt, verliert er auch jegliche Vernunft und Rationalität. Gibt es in dieser Hinsicht auch eine Parallele zur aktuellen Weltpolitik?
Definitiv. Der Film dreht sich schließlich um den Empathieverlust gegenüber der Gesellschaft, gegenüber dem Klimawandel und letztendlich auch gegenüber dem Planeten. Es geht um die Hybris einer Gruppe von Individuen, die sich höher stellt als eine andere und über diese herrschen und urteilen möchte. Viele Staatsoberhäupter geben uns aktuell kein gutes Beispiel, wenn es um Empathie geht. Sie leben uns Angst vor. Sie dämonisieren das "Andere". Und darum geht es auch im Film.
Brauchen wir eine eigene Kategorie für "Motion Capture" bei den Oscars?
Motion Capture ist nur eine Technologie. Schauspiel ist aber Schauspiel. Wenn man eine Rolle spielt, dann spielt man diese Rolle - egal ob man ein Kostüm, einen Haufen Makeup oder eben einen Motion Capture-Anzug anlegt.
Die TV-Movie.de Filmkritik zu "Planet der Affen 3: Survival" findet ihr in unserem Artikel. Den Trailer zum dritten "Planet der Affen"-Film seht ihr hier: