„Im Westen nichts Neues“ hat vier Oscars abgeräumt. Doch wie gut ist die Verfilmung von Erich Maria Remarques gleichnamigen Roman wirklich?
Fast 100 Jahre ist es her, da veröffentlichte Erich Maria Remarque seinen Roman "Im Westen nichts Neues", in dem er von seinen Erfahrungen als junger Soldat im 1. Weltkrieg berichtet. Nur zwei Jahre später - 1930 - verfilmte Lewis Milestone das Buch - ein Oscar als Bester Film war die Folge.
"Im Westen nichts Neues": Deutsche Adaption von Edward Berger kommt zu Netflix
Nun gibt es erstmals eine deutsche Adaption der Geschichte, produziert für den Streaming-Anbieter Netflix. Der Film ist seit dem 28. Oktober dort verfügbar. Regie führte Edward Berger, der zuletzt für seinen Spielfilm "All My Loving" viele positive Kritiken erhielt. Schnell bestanden Hoffnungen auf einen Oscar, denn schon vor der Premiere des Streifens beim Filmfest Toronto wurde "Im Westen nichts Neues" von einer Jury als deutscher Oscar-Kandidat ausgewählt. Nun räumte der Film bei der Oscarverleihung 2023 in der Nacht vom 12. auf den 13. März gleich vier Trophäen ab. Was den Film so sehenswert macht und wo seine Schwachstellen liegen, erfahrt ihr hier!!--startfragment-->
Die bedrückende Message des Films - die Sinnlosigkeit des Krieges - kommt zu einer Zeit, in der die Welt und besonders Europa durch den Ukraine-Konflikt geprägt wird. Die deutsche Verfilmung stellt den 1. Weltkrieg schonungslos, brutal und erschütternd dar. Im Zentrum stehen dabei der junge deutsche Soldat Paul (Felix Kammerer) und seine Freunde, die sich melden, um an der Front für ihr Land zu kämpfen. Beinahe euphorisch warten die jungen Männer darauf, in den Krieg zu ziehen. Es dauert nicht lange - im Film sind es gerade einmal einige Minuten - bis der Einsatzwille in Grauen umschlägt. Bei einer Attacke der Franzosen ist an den geschockten Gesichtern der Teenager sichtbar: So haben sie sich ihren Kampf für Deutschland nicht vorgestellt. Katczinsky (Albrecht Schuch) und Jaden (Edin Hasanovic) schockt der Angriff dagegen nicht mehr, sie sind schon länger an der Front.
"Im Westen nichts Neues" überzeugt mit dichter Atmosphäre
Den ersten Angriff überlebt Paul nur knapp. Doch Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. Nach einer kurzen Nachfrage, ob er verletzt sei, wird der junge Soldat dazu aufgefordert, die Erkennungsmarken seiner toten Kameraden einzusammeln. Was Paul nicht ahnt: Es ist erst der Anfang des Horrors. 18 Monate später ist die Situation für die deutschen Soldaten noch schlimmer. Während der deutsche Staatssekretär Matthias Erzberger (Daniel Brühl) verzweifelt versucht einen Waffenstillstand zu erwirken, sterben an der Front immer mehr junge Männer...
Edward Berger gelingt es in "Im Westen Nichts Neues" eine außergewöhnlich dichte Atmosphäre zu erzeugen. Das nahezu farblose französische Niemandsland, die von Regen und Schlamm durchnässte Kleidung der Soldaten und die von Nebel und Frost geprägte karge Umgebung - all diese Bilder machen die Hoffnungslosigkeit und Brutalität der Situation für das Publikum spürbar. Hinzu kommt die eindrückliche Filmmusik von Volker Bertelmann, die das Unheil immer wieder akzentuiert mit dröhnenden Geräuschen ankündigt. Der Zuschauer/die Zuschauerin kann sich der wuchtigen Wirkung des Films so kaum entziehen.!--startfragment-->!--startfragment-->
Newcomer Felix Kammerer berührt
Die größte schauspielerische Herausforderung in "Im Westen nichts Neues" wird Newcomer Felix Kammerer zuteil, der bisher vor allem auf Theaterbühnen zu Hause war. Seine erste große Rolle in einem Film spielt er überzeugend. Pauls Entsetzen und schließlich auch seine Resignation ist ihm immer wieder deutlich im Gesicht abzulesen. Neben Kammerer ist es vor allem Albrecht Schuch, der seiner Rolle „Kat“ immer wieder Tiefe gibt - zum Beispiel in einer Szene, in der Paul seinem Kumpel einen bedrückenden Brief aus der Heimat vorliest, weil dieser nicht lesen kann. Hollywood-Star Daniel Brühl hat als Matthias Erzberger eine kleine, aber dennoch entscheidende Nebenrolle, deren Wirkung sich allerdings erst spät im Film zeigt.
Für den ein oder anderen dürften die brutalen Kriegszenen eine Herausforderung darstellen. In der Schlacht wird der Gegner schonungslos getötet und das nicht nur mit dem Gewehr. Immer wieder zeigt Edward Berger abgetrennte Gliedmaßen und schwere Verletzungen - es ist die Realität des Krieges, die das Publikum ertragen muss. Das Ende des etwas zu lang geratenen Kriegsfilms wird in der deutschen Adaption abgeändert - und es kommt zum Showdown, wie er in Hollywood allzu oft erwartet wird. Seine Wirkung verfehlt das emotionale Ende trotzdem nicht. Und auch die Message des fast zweieinhalb Stunden langen Streifens klar: Die Hölle des Krieges, sie bringt nur Verlierer hervor.
"Im Westen nichts Neues" startete am 29. September 2022 in ausgewählten Kinos und ist seit dem 28. Oktober 2022 weltweit auf Netflix zu sehen.!--endfragment-->!--endfragment-->
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