Ein letztes Mal fährt "Wolverine" die Krallen aus: Bei der Berlinale 2017 feiert "Logan" mit Hugh Jackman und Patrick Stewart seine große Weltpremiere. Wie TV-Movie Online das außergewöhnliche Road-Movie gefallen hat, seht ihr in unserer Kritik.
Knapp 50 Jahre sind seit der vermeintlichen Mutanten-Apokalypse vergangen. Wo der Großteil der früheren Helden mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten abgeblieben ist, weiß eigentlich niemand so recht. Nur eines ist von Beginn des dritten eigenständigen "Wolverine"-Ablegers "Logan" an klar: Die Welt ist ohne ihre vermeintlichen Helden nicht unbedingt lebenswerter geworden. Ganz im Gegenteil.
Sinnbildlich dafür ist auch Logan (Hugh Jackman) selbst, der einst als "Wolverine" für Angst und Schrecken bei seinen Widersachern gesorgt hatte. Mittlerweile ist der mächtige Mutant jedoch völlig verwahrlost: Am Rande der Selbstaufgabe fristet er ein bemitleidenswertes Dasein. Die einzige Motivation, die den einstigen "X-Men" jeden Morgen antreibt, ist ein Schluck aus der Whiskeypulle und die Verantwortung für seinen ehemaligen Mentor "Professor X" aka Charles Xavier (Patrick Stewart). Bis unser grimmiger Held eines Tages auf die junge Laura (Dafne Keen) trifft…
Superheldenfilm ohne Superhelden
"Logan" ist nicht nur im Kanon der "X-Men"- und "Wolverine"-Filme in jeder Hinsicht außergewöhnlich, sondern stellt mit seiner kompromisslosen Machart gleich das gesamte Superhelden-Genre auf den Kopf. Gleich zu Beginn begegnen wird "Logan" beim Nickerchen in einer Luxuslimousine, die von einer Gang um ihre schicken Felgen erleichtert wird. Aus akutem Ärger will sich unser angetrunkener Held zwar raushalten – nachdem ihn die Gang mit Waffengewalt etwas wütend gemacht hat, erleichtert er sie im Gegenzug um einige Körperteile.
Doch es ist nicht mehr der "Wolverine", den wir in den „X-Men“-Filmen kennen und lieben gelernt haben: Sein eigentlich selbstheilender und einstmals makelloser Körper ist von Narben überzogen. Und selbst Professor X, der einstmals mächtigste „Kopf“ der Welt leidet an Altersdemenz und muss als potentielle Gefahrenquelle ans Bett gefesselt werden.
Wenn „Little Miss Sunshine“ plötzlich FSK 18 ist
James Mangold, Regisseur des zweiten "Wolverine“-Ablegers "The Wolverine", hangelt sich in seinem knapp zweistündigen Road-Movie nur sehr lose an den "Old Man Logan"-Comics von Mark Millar und Steven McNiven entlang. Stattdessen stellt er die fragile Beziehung von Mentor Charles Xavier und seinem gebrochenen Schüler Logan in den Mittelpunkt, die beide in jeglicher Hinsicht am Abgrund schwelgen und sich gemeinsam knapp darüber halten. Dass in einem "X-Men"-Film einmal eine ähnliche Intimität und Intensität wie in einem gut gespielten Charakterdrama vorherrscht, hätten wohl nur die wenigsten für möglich gehalten.
Als die kleine Laura aka X-23 im Spiel kommt, wird ihre Rettung zum vermeintlichen Prüfstein für die verbliebene Mutanten-Gemeinschaft - immer wieder durchbrochen von intensiven Actionsequenzen. Die Härte, die Ausweglosigkeit und die kinetische Energie, die Mangold hier immer wieder entfacht, sucht tatsächlich ihresgleichen: Besonders Jackman spielt sich in seinem vermeintlich letzten Auftritt als "Wolverine" die Seele aus dem Leib und bringt seine Verzweiflung in einer Reihe von äußerst graphischen und heftigen Actionszenen zum Explodieren. Vorbei sind die Zeiten von strahlenden Kinderaugen im Kino, wenn „Wolverine“ seinen Wiedersachern dreckig den Kopf vom Körper reißt. Superhelden müssen eben auch die Drecksarbeit erledigen.
Eine neue Ära von X-Men-Filmen
"Logan" mag der vermeintliche Abschluss einer ganzen "X-Men"-Ära sein, doch seine kompromisslose Vision wird noch lange nachhallen. Dass "düster" und "realistisch" nicht gleichzusetzen sind mit einer gewissen qualitativen Stufe, haben unlängst „Batman v Superman“ sowie der biedere „Suicide Squad“ bewiesen. „Logan“ ist der endgültige Schritt den Superhelden im Film ihrer Kräfte zu berauben: Unser Titelheld ist genauso hoffnungslos, überfordert und unentschlossen wie seine irdischen Pendants. Nur seine scharfen Klauen, die kann ihm keiner nehmen.
Auch wenn diese Hyperrealität im Superhelden-Genre sicherlich diskussionswürdig ist, macht sie in der dystopischen Zukunftsvision von „Logan“ absolut Sinn: Im Endeffekt bietet der Film nicht nur die perfekte Verabschiedung von Hugh Jackman und Patrick Stewart, die selten besser waren als hier, sondern führt mit der Figur von Laura/X-23 eine neue Figur ein, die die X-Men in die Zukunft führen könnte.
Fazit
Wer zur Einstimmung von „Logan“ ein wenig "Hurt" von Johnny Cash in Dauerschleife hört, kommt in etwa in jene Stimmung, die der letzte "Wolverine"-Ableger über eine Laufzeit von knapp über zwei Stunden zelebriert. Patrick Stewart und Hugh Jackman brillieren in ihren jeweils wohl letzten Auftritten und haben großen Anteil daran, dass "Logan" wohl als eine der härtesten, intensivsten und emotionalsten Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre eingeht.
Logan startet am 02. März 2017 in den deutschen Kinos. Den letzten Trailer zu "Logan" seht ihr zu Beginn des Artikels. Welche anderen Marvel- und DC-Kracher euch in den kommenden Monaten erwarten, seht ihr im nachfolgenden Video: