Dramatische Schicksalsschläge werden in Filmen oft als Twist genutzt. „We Live in Time“ macht aus dem Schicksalsschlag eines jungen Paares jedoch kein Geheimnis und versteht sich so als moderne Antwort auf „Love Story“.
In Christopher Nolans „Oppenheimer“ mangelte es zwar nicht an Physik und Chemie, doch die Verbindung zwischen Hauptdarsteller Cillian Murphy und Florence Pugh war nur wenig überzeugend. Hier macht „We Live in Time“, ein neues romantisches Drama von „Brooklyn“-Regisseur John Crowley, eine deutlich bessere Figur.
Genauer gesagt, lebt der ganze Film von der spürbaren Anziehungskraft zwischen Pugh und Andrew Garfield. So zweifelt man von Anfang an keine Sekunde daran, dass ihre Figuren, Almut und Tobias, füreinander geschaffen sind, und „We Live in Time“ stellt der Beziehung auch keine unnötigen Hindernisse in den Weg.
Doch so stabil die Liebe zwischen Almut und Tobias auch sein mag, ihr Leben wird mehrfach von Schicksalsschlägen erschüttert: Gleich zweimal wird bei Almut Eierstockkrebs diagnostiziert. Beide Male erleben wir es in „We Live in Time“ jedoch in umgekehrter Reihenfolge.
Crowley erzählt die Geschichte nämlich durch zahlreiche Zeitsprünge. Immer wieder wechseln wir zwischen drei Zeitebenen hin und her: der Kennenlernphase, Almuts Schwangerschaft und der Geburt ihrer Tochter Ella sowie ihrem Versuch, trotz schwerer Krankheit an einer Kochmeisterschaft teilzunehmen.
Das funktioniert auch ohne erklärende Texteinblendungen und sorgt dafür, dass „We Live in Time“ nicht langsam von Heiterkeit zur Tragik übergeht. Stattdessen geht es mal auf, mal ab – es darf immer wieder gelacht und geweint werden. Gerade dieser Mix macht den Film so emotional.
Emotional, aber auch distanziert
Zeitgleich bleibt „We Live in Time“ bei der Charakterzeichnung ein wenig zu oberflächlich. Zwar erkennen wir an Almuts Frisur oder ihrem Babybauch, in welcher Zeit wir uns gerade befinden, doch eine nennenswerte Entwicklung findet nicht statt. Tobias und Almut sind einem sympathisch, aber vor allem Tobias bleibt die meiste Zeit blass.
Almut definiert sich durch ihre Karriere und ihren Ehrgeiz, Tobias durch seine unterstützende Art. Wir sind zwar bei den emotionalsten Momenten im Leben dieser Figuren dabei, doch wir bleiben ein wenig auf Distanz, da wir sie zu wenig kennen. Die wichtigen Zwischentöne kommen zu kurz.
Wie es sich für ein hochkarätiges Melodram gehört, dreht sich in „We Live in Time“ von Anfang an alles um Almuts Erkrankung. Indem man uns zeigt, was ihr bevorsteht, wirken alle Rückblenden auf eine ganz neue Weise.
Interessant und traurig, aber auch schnell wieder vergessen
Anders als in den Romanen von Nicholas Sparks dient die Tragödie hier nicht als Twist. Man spielt stets mit offenen Karten und lässt uns einfach teilhaben. Doch irgendwann ist der Film einfach vorbei, und selbst wenn einige Szenen zu Tränen rühren, fehlt etwas.
Die früh aufgeworfene Frage, ob eine kurze, aber voll ausgeschöpfte Lebenszeit nicht mehr wert sein könnte als eine lange, schmerzhafte und möglicherweise erfolglose Chemotherapie, ist ein interessanter Ansatz, der jedoch zu wenig ausgeschöpft wird.
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Hervorragende Darsteller und eine gute Mischung aus Humor, Romantik und Drama machen „We Live in Time“ zu einem gelungenen Drama. Statt eine Geschichte über mehrere Jahre zu erzählen, hätte es dem Film aber vielleicht gutgetan, sich lieber auf ein Jahr zu konzentrieren und dafür genauer auf die Gefühle, Hoffnungen und Ängste der Figuren einzugehen. Die Zeitsprünge sind ein interessantes Gimmick, von dem die eigentliche Handlung jedoch wenig profitiert.