Mit „& Julia“ startet ein weiteres beliebtes Broadway- und West End-Stück in Hamburg. Kann die deutsche Version der modernen „Romeo & Julia“-Variante auch hier überzeugen?
Kein Bühnenstück der Welt ist vermutlich so bekannt wie „Romeo & Julia“. Das von William Shakespeare Ende des 16. Jahrhunderts verfasste Drama wurde über die Zeit zahllose Male verfilmt, unter Anderem 1996 von Baz Luhrman mit Leonardo di Caprio und Claire Danes in den Hauptrollen, sowie in unterschiedlicher Form für das Theater adaptiert. Umso spannender ist es, wenn eine Version des bekannten Stoffes sich langsam aber sicher einen Namen macht. Dies geschah bei „& Julia“ aus 2019 sowohl am New Yorker Broadway und am Londoner West End. Nun kommt die Produktion auch nach Deutschland – und könnte sich zu einem ähnlichen Hit wie in den anderen Ländern entwickeln.
Darum geht es in dem Musical
Der Grund dafür liegt bereits in der einfachen, aber cleveren Idee für die Geschichte: Was wäre, wenn Julia sich nicht umbringt, nachdem die den Tod ihres geliebten Romeo bemerkt? Die junge Frau begibt sich in den nächsten auf eine Selbstfindungs-Reise, die sie nach Paris führt – und erneut in die Arme eines Mannes. Doch eine einfache Weitererzählung ist „& Julia“ bei weitem nicht. Denn die Story ist eingebettet in einen Streit zwischen William Shakespeare und seiner Frau Anne Hathaway. Letztere gibt erst den Impuls, das Ende des Stückes umzudichten, beide Figuren schreiben sich auch immer wieder selbst in das Geschehen rein. Was als witziges Gimmick beginnt, wird im Verlaufe des Stückes zum zentralen Handlungspunkt und lässt tief in die Gefühlswelt der beiden eigentlichen Hauptfiguren blicken. Willemijn Verkaik hat hier als Anne dank ihrer Präsenz und dem Gesangstalent schnell die Zuschauer:innen auf ihrer Seite und beweist immer wieder fantastisches komödiantisches Timing.
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Der Rest des Castes ist ebenfalls enorm spielfreudig, auch wenn sich bei der Vorführung die eine oder andere Sprechpause zu lang anfühlte. Allesamt gehen voll auf in der seltsamen Mischung, die „& Julia“ auf der Bühne abfeuert. Hier verbinden sich Renaissance-Elemente mit Graffitis und Neon-Schildern, während im Hintergrund LED-Leuchten das Geschehen untermalen. Auch die Choreografien fühlen sich deutlich moderner an, als es das durchschnittliche Musical-Publikum in Deutschland vielleicht gewohnt ist. Das liegt an der Musik, die der einen oder anderen Person seltsam bekannt vorkommen dürfte.
Englisch-Kenntnisse von Vorteil
Denn „& Julia“ ist ein sogenanntes Jukebox-Musical. Hierbei werden bereits existierende Lieder in die Geschichte eingewoben, ein bekanntes Beispiel aus der Filmwelt wäre hier „Moulin Rouge“. Julia trällert vor allem schmissige Pop-Songs aus den 90ern und 2000ern, teils auch noch jüngere Stücke. Das heißt, es gibt die volle Ladung Britney Spears, Backstreet Boys und Katy Perry. Wie bei anderen Stücken dieser Art gibt es erneut das Problem der Sprachbarriere: Die Lieder erzählen die Geschichte weiter und erklären Handlungen der Figuren. Es gibt einige Zeilen, die ins Deutsche übersetzt wurden, aber ein großer Teil der Performances sind auf Englisch. Wer also ganz genau wissen möchte, was auf der Bühne passiert, sollte hier seine Kenntnisse auffrischen.
Die größte Stärke von „& Julia“ ist es aber, dass dies an sich nicht nötig ist. Denn das Stück nimmt auch absolut mit, ohne sich allzu sehr auf die Geschichte zu konzentrieren. Die Lieder, die allesamt aus der Feder vom schwedischen Produzenten Max Martin stammen, lassen ab dem ersten Takt die Füße mitwippen, es fällt bei all der Energie auf der Bühne schwer, sitzen zu bleiben. So füllt sich der Theater-Saal bei den meisten Nummern mit einer absoluten Party-Atmosphäre, der man sich nur schwer entziehen kann – was aber vielleicht nicht jede Person in einem Musical sucht.
„& Julia“: Fazit
Nach den beiden Hälften kommt man auf jeden Fall mit einer ganzen Menge Energie aus dem Theater. Zum Glück ist „& Julia“ auf der Reeperbahn zu Hause – denn man hat sofort Lust, in den nächsten Club zu rennen und sich selbst die Füße wund zu tanzen oder einige der Hits beim Karaoke zu schmettern. Also am besten den Besuch an einem Wochenend-Tag planen! Dass darüber hinaus die Geschichte mit ihrem Meta-Ebenen-Spiel auch noch emotional zu berühren weiß, zeigt, dass man es hier mit einem Ausnahmestück zu tun hat.