In „Assassin’s Creed: Shadows” reist die beliebte Game-Reihe ins feudale Japan. Doch kann das Franchise damit heute noch begeistern?

Die „Assassin’s Creed”-Reihe konnte sich innerhalb der ersten Spiele vor allem durch seine unterschiedlichen Settings einen guten Ruf in der Gaming-Community aufbauen. Neben dem soliden Gameplay sind es die historischen Orte wie das heilige Land, Italien der Renaissance oder der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, welche die Faszination des Franchise ausmacht.
Assassin’s Creed: Shadows – ein neues Kapitel im feudalen Japan
Schon nach dem zweiten Teil gab es Stimmen, die den perfekten Ort und die perfekte Zeitperiode herausgefunden haben wollten: Das feudale Japan gerade das 16. Jahrhundert, wäre mit den legendären Samurai, Shinobi und der politischen Unruhen, welche durch die ankommenden Europäer verstärkt wurden, ideal für eine „Assassin’s Creed“-Geschichte. Einer der Gründe war auch, dass das Setting im Mainstream-Gaming vor gut zehn Jahren eher selten genutzt wurde. Nun will „Shadows“ diesen Stimmen endlich gerecht werden – ist es aber dafür vielleicht schon zu spät?
Wer unsere Eindrücke aus einer Preview-Version des Spiels nachlesen möchte, kann dies hier tun: „Assassin’s Creed Shadows" Vorschau: Das Schicksalsspiel angezockt!
Die Geschichte von Yasuke und Naoe – Samurai und Rache
Der Kriegsherr Oda Nobunaga hat es sich zur Aufgabe gemacht, das geteilte Japan unter sich zu vereinen – koste es, was es wolle. An seiner Seite ist ein ehemaliger Sklave des italienischen Jesuiten Alessandro Valignano, der als Samurai den Namen Yasuke angenommen hat. Nobunagas Feldzug bringt ihn in Konflikt mit der Region Iga. Bei einem der Konflikte wird der Vater von der jungen Kämpferin Naoe von einer Gruppe maskierter Krieger ermordet und eine scheinbar wichtige Kiste entwendet. Während ihres Rachefeldzuges trifft Naoe dann auf Yasuke …

Assassin’s Creed Shadows: Gameplay und Spielwelt
Allerdings werden wohl einige Spieler:innen gar nicht erst bis zu diesem Punkt kommen. Denn die Erzählstruktur in „Assassin’s Creed: Shadows“ ist äußerst gewöhnungsbedürftig. Nach einem kurzen Prolog übernimmt ihr die Kontrolle über Naoe und werdet direkt in die Action gesetzt. Wer diese Figur ist und was sie vor den Ereignissen des Spiels gemacht hat, erfahrt ihr nur, wenn ihr kleinere Nebenmissionen erledigt. Hier ist aber auch eure Impulskontrolle gefragt. Denn ihr bekommt nach rund zwei Stunden die Möglichkeit, die gesamte Karte zu erkunden. Wie in den letzten Spielen der Reihe sind zwar einige Orte durch die hohe Level-Anforderung für euch quasi nicht zugänglich, aber schon die Gebiete, die ihr zu Beginn erforschen könnt, erschlagen euch mit Inhalten.
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Denn es gibt viel zu tun. Hier will ein Banditenlager geräumt werden, dort hat ein Stadtbewohner ein Anliegen, und ganz woanders müsst ihr in einem Schloss bestimmte Gegner ausschalten, um an besondere Ausrüstung zu kommen. Alleine damit könnt ihr bereits etliche Spielstunden füllen – und das, ohne auch nur eine Hauptmission anzugehen. Hier kommt das zum Tragen, was einigen „Assassin’s Creed“-Teilen schon vorher negativ angekreidet wurde. Zwar steckt das Spiel voller Inhalte, einiges davon fühlt sich aber mehr nach Beschäftigungstherapie an als alles andere. Gerade die Aussichtspunkte, früher nette kleine Kletter-Rätsel, sorgen für Kopfschütteln, befinden sie sich doch fast ausschließlich in von Gegnern besetzten Gebieten. Um sich diese wichtigen Schnellreisepunkte zu erarbeiten, muss erstmal gekämpft oder geschlichen werden.
Diese beiden Aspekte funktionieren nach etwas Eingewöhnungszeit super. Während Yasuke eher der große Haudrauf ist, der mit seinem körperlichen Vorteil die Gegner zermürbt, geht Naoe deutlich filigraner und schneller vor – auch dank der ikonischen versteckten Klinge. Welchen Stil man bevorzugt, ist jedem selbst überlassen, aber gerade durch die Übung zu Beginn wirkt Naoe mehr wie die eigentliche Protagonistin des Spiels. Mit ihr macht das klassische Gameplay der Reihe, also schleichen, zuschlagen, wegrennen und nur zur Not in einen offenen Konflikt gehen, am meisten Spaß und ergibt auch mehr Sinn.

Die offene Welt und ihre Grenzen
Ein weiterer Punkt, der nicht bei allen gut ankommen wird, ist die angebliche Open World. Obwohl ein riesiges Areal zur Erkundung bereitsteht, gibt es viele Landstriche, spielerisch ohne Bedeutung bleiben. Das wird damit wegargumentiert, dass die bergige Landschaft Japans nur schwer passierbar sei, auch aufgrund dichter Bewachsung. Dennoch ist es durchaus möglich, dadurch zu laufen – und sich zu verirren. Der Entdecker-Drang geht spätestens dann komplett verloren, wenn man merkt, dass es zu den wichtigen Orten größtenteils nur einen oder zwei unterschiedliche Wege führen. Diese sind zwar nicht annähernd so leer, wie es noch in „Odyssey“ oder „Valhalla“ der Fall war, aber viele kleine Details abseits der Wege werdet ihr wohl nicht finden.
Das ist vor allem deswegen schade, da „Assassin’s Creed: Shadows“ in vielen Belangen eigentlich einen guten Job macht, doch bei vielen positiven Aspekten gibt es immer ein Aber. Die Geschichte reißt mit und wirkt dank optionaler japanischer Synchronisation authentisch – wird aber unnötig verschachtelt aufgebaut und braucht sehr lange, um in Gang zu kommen. Sobald man sich an die Mechaniken gewöhnt hat, macht es ziemlich Spaß, Schloss-Anlagen von Gegnern zu säubern und nach wichtigem Loot zu suchen – aber eben nicht mehrmals hintereinander, um zum Beispiel an wichtige Schnellreisepunkte zu kommen. Grafisch macht das Spiel auf der regulären PS5 auch im Performance-Modus einen tollen Eindruck und läuft flüssig – bis auf den kleinen Abschnitt in eurer Basis, wo die Framerate plötzlich merklich einbricht.
Assassin’s Creed Shadows: Test-Fazit im Vergleich zu anderen Samurai-Spielen
Hier ist man durch Spiele wie „Ghost of Tsushima“ schlicht besseres gewöhnt im gleichen Setting. Und auch wenn „Rise of the Ronin“ diverse Probleme hatte, ging es doch größere Risiken ein und war dadurch interessanter. Wäre diese Art von „Assassin’s Creed“ nach der Original-Trilogie gekommen oder hätte sich mehr auf das klassische Setting der Reihe, sprich größere Stadtgebiete wie in „Mirage“, konzentriert, wäre „Shadows“ ohne Frage ein absoluter Hit geworden. So bleibt es lediglich „nur“ ein gutes Spiel.